Mit Licht malen kann ganz einfach sein. Letztendlich betreibst du damit eine Art Dodge & Burn. Wir gehen hier aber weg vom Lehrbuchweg, der das Ganze ja auf dieser neutralgrauen Ebene bewerkstelligt. Nein, wir machen das, weil es schnell gehen muss, hier einfach auf der leeren Ebene.
Tipp – vorher eine Übersicht erstellen
Ich habe mir hier einen Fahrplan angelegt. Das ist so meine Übersichtskarte. Alles, was hell ist – alles, was weiß ist, das soll aufgehellt werden. Alles, was schwarz ist, wird abgedunkelt.
Du siehst: Ich will hier ein bisschen die Tulpen aufhellen, die Blätter aufhellen, die Klamotten, den Hals und eben diese Bereiche im Gesicht. Und all das zentriert sich so zum Mittelpunkt, zum Gesicht hin – und da will ich den Betrachter eben haben.
Später soll das mal ungefähr so aussehen. Die Augen sollen einfach ein bisschen raustreten und die Haare. Und alles andere soll ein bisschen zurücktreten.
Aufhellen mit dem Pinsel
Dazu nimmst du dir einfach Weiß als Vordergrundfarbe (1) und dazu einen weichen Pinsel (2). Diese Ebene noch kurz aktivieren (3). Ja, und mit der Dreckkraft: So geübt, wie du bist, so viel kannst du Power geben. Ich gehe jetzt mal so auf 14, 15 % (4). Mehr würde ich mir noch gar nicht zutrauen. Weniger ist bei dieser Methode auf jeden Fall mehr.
Und dann hellen wir diesen Bereich auf. Ich helle auch die Augen auf. Das ist mir jetzt schon zu viel.
Also gehe ich einen Schritt zurück und nehme die Deckkraft zurück. Du siehst also, auch mit 10 % kommst du eigentlich ganz gut hin. Du hellst die Augen oben auf, damit die ein bisschen raustreten. An den Haaren mache ich nichts. Den Nasenrücken hätte ich gerne noch ein bisschen heller, die Lippen dürfen ruhig ein bisschen strahlen, das Kinn und auch an den Seiten, da darf es ein bisschen mehr sein (Bearbeitung erfolgt an den rot markierten Stellen im Bild).
In der Iris will ich das hier nicht haben, da gehe ich destruktiv (1) drüber und nehme das raus, denn sonst wirkt das alles so milchig und glasig – und das sieht nicht schön aus.
Das Gleiche machen wir jetzt am Hals und dann eben an den Tulpen. Da brauchst du auch nicht viel Übung mit der Technik, denn wenn du die Deckkraft runternimmst, dann ist der Effekt sehr subtil und dann kannst du auch mal in die Vollen gehen.
Ich nehme meine Pinselspitze natürlich ganz, ganz weich und schaffe mir hier diesen Glanz auf den Blumen. Wenn es zu viel ist, einfach einen Schritt zurück. Deckkraft regeln, Pinsel-Deckkraft (1) noch ein kleines Stückchen weiter nach unten. Ebenenmodus hier Weiches Licht (2) natürlich nicht vergessen. Dann sieht das Ganze gleich viel, viel schöner aus.
Jetzt gehe ich mit der Deckkraft wieder ein bisschen hoch. Man muss da immer ein bisschen variieren, je nachdem, welche Teile hier gerade bemalt werden. Und dann sieht das Ganze schon mal auf jeden Fall viel, viel peppiger aus.
Jetzt kann ich hier auch auf der Nase ein bisschen was machen, auf den Lippen, die sollen ruhig noch ein bisschen mehr glänzen. So in etwa.
Abdunkeln mit dem Pinsel
Ja, und wenn ich mit den hellen Bildbereichen fertig bin, dann nehme ich mir den schwarzen Pinsel und gehe jetzt als Allererstes hier einige Male über die Haare drüber. Den Haaransatz, den will ich dunkler haben. Und einfacher war es noch nie, irgendwas abzudunkeln, als mit dem ganz normalen Pinsel auf der Ebene Weiches Licht zu malen.
Ich gebe hier auch den Ecken ein bisschen was dazu. Das sieht schon fast aus wie Smokey-Eyes. So wirken die Augen ein bisschen prägnanter. Ich lass das hier so rauslaufen. Neben der Nase dunkle ich ein bisschen ab, dann wirkt sie optisch ein bisschen schmäler. Ja, das Rouge hier, das darf ruhig noch ein bisschen verstärkt werden.
In der Mitte schaffe ich mir so eine dunkle Lichtkante. Dann gehe ich noch mal auf die dunklen Bildteile über, hier in den Blättern, oben am Kragen etwas. Das ist also wirklich was, wenn es mal schnell gehen muss, vielleicht auch zum Ende einer Retusche, wenn du feststellst: „Ah, ich könnte hier noch ein bisschen was heller und ein bisschen was dunkler gestalten“, dann würde ich dir diese Methode empfehlen.
Das Vorher und das Nachher ist trotz der relativ einfachen Arbeitsweise doch erstaunlich. Also gerade den Haaransatz finde ich richtig gut korrigiert. Und achtet mal auf die Augen: Unsere Smokey-Eyes, die finde ich auch richtig, richtig cool, wie das aussieht – als würde hier das Make-up einfach weiter rausgezogen sein, aber es ist nichts anderes, als hier ganz weich mit einem Übergang abgedunkelt.
Also so kannst du auch mit Licht malen. Das ist das Beispiel für ein Frauenporträt.
Beispiel: Männerporträt
Hier zeige ich dir das Ganze am Beispiel für ein Männerporträt. Zugegeben – ein bisschen ein witziges Bild. Mir gefällt das immer noch. Hervorragendes Model im Übrigen.
Ich habe auch hier wieder meinen Fahrplan: Da siehst du, da passiert sehr viel in der Gegend um die Augen. In den Augen sitzt die Seele des Bildes und da möchte ich jetzt hier wirklich viel, viel mehr tun. Die großen Flächen wie hier auf den Klamotten und so weiter, das ist alles schnell erledigt, aber bei einem Mann darf ich – im Gegensatz zu einer Frau – auch mal die Falten rausarbeiten. Mein Model möge es mir verzeihen, aber das sieht bei diesem Menschen einfach wirklich, wirklich gut aus.
Dann legen wir hier wieder los: Wir machen uns eine neue leere Ebene. Ich nehme jetzt hier auch gleich mal den schwarzen Pinsel, muss einfach nur mal gucken: Wo ist es schon dunkler? Das mache ich auf jeden Fall noch dunkler. Modus Weiches Licht. Und dann arbeite ich mir jetzt alles, was hier im Schatten ist, noch mal ganz gezielt raus. Ich gehe mal mit der Deckkraft noch ein bisschen hoch und male mir hier also wirklich auch kleinste Fältchen. Und alles, was mir hier so auffällt, das ziehe ich mir jetzt hier raus und das betone ich jetzt auch noch mal, auch so diese kleinen Dinger hier, da kann ich überall noch was draufgeben, damit das viel, viel besser hervortritt. Hier unterm Auge diese Fältchen … Und so muss ich mir natürlich für das Bild Zeit nehmen und male es dann fertig.
Dann überlege ich mir noch: Was mache ich mit den Haaren? Die dunkle ich auf jeden Fall wieder ab – rahmt das Gesicht noch ein Stückchen besser ein. Dann mache ich mir hier so eine dunkle Kante am Daumen entlang, lasse die auch hier runter an der Hand laufen. In der Mitte werde ich dann auf jeden Fall noch aufhellen.
Die Falten im Stoff – das ist natürlich ein Fest für das Malen mit Licht, denn da kann ich jetzt wirklich in die Vollen gehen und die Falten so richtig raustreten lassen auf der Kleidung. Alles, was so ein bisschen nach hinten geht, betone ich. Und die entsprechenden Falten, die sich abheben, werde ich dann noch etwas aufhellen.
Dazu muss ich nichts anderes tun, als bei dieser coolen Technik die Taste X zu drücken, und schon kann ich mit Weiß weiterarbeiten. Ich muss also nicht groß überlegen: Auf welcher Ebene mache ich das gerade? Passt der Ebenenmodus? Nein, ich kann einfach Weiß und Schwarz wechseln – und das ist für mich der einfachste Weg, wenn du diese Technik lernen willst und auch perfektionieren willst.
Mit der Lehrbuchmethode kommst du sicher auch weit, aber für den Anfang musst du erst mal lernen, wo denn diese Bereiche überhaupt sitzen, in denen du aufhellen und abdunkeln möchtest.
Bei den Augen gebe ich mir jetzt wiederum mehr Mühe, mache meine Pinselspitze mal ganz klein und suche mir jetzt hier diese Glanzstellen. Und auch die hole ich raus. Da soll der Augapfel noch etwas mehr glänzen. Und ich gebe hier sogar in die Iris so einen Glanz noch rein, der macht das alles noch viel, viel, viel spannender. Und auch diese Stellen – das werde ich alles schön betonen, auch hier auf die Nase in der Mitte so eine Glanzstelle setzen, hier unten. Und auch diese ganzen Fältchen kommen viel, viel plastischer raus, wenn ich hier mit Weiß einfach ein bisschen drüber pinsele. Mit Schwarz habe ich das Ganze ja schon gemacht.
Und wenn man hier raus zoomt, dann wirst du staunen, was mit dem Gesicht eigentlich passiert ist. Ich bin nur noch hier in diesem Bereich beim Gesicht. Der Rest vom Bild, ja, der ist witzig, macht Spaß, aber ich gucke eigentlich nur noch hier wirklich auf die Mimik meines Models und auf den Finger vielleicht noch.
Dass es hier ein bisschen zu viel ist, das stört mich in dem Fall gar nicht. Da nehme ich einfach das Radiergummi-Werkzeug, gehe vielleicht auf 40, 50 Prozent Deckkraft und pinsele das mal wieder raus, weil das ist, wie gesagt, der Weg, wenn es mal schnell gehen muss.
Und so habe ich sehr, sehr schnell einen wahnsinnig coolen Look geschaffen, indem ich einfach mit Licht auf einer leeren Ebene gemalt habe.