Hier eine Übersicht über die einzelnen Kapitel:
01: Berufswunsch Fotografie
Wunsch nach Anerkennung als Antrieb
Der Beruf Fotograf zwischen Klischee und Wirklichkeit
02: Fragen zur Eignung
Persönliche Eignung: „Macher“ vs. Bedenkenträger
Sachliche Voraussetzungen
Monetäre Voraussetzungen
Unterstützendes Umfeld
03: Der Einstieg in die Berufsfotografie
Praktika und Assistenzen
Die klassische, handwerklich geprägte Ausbildung
Der akademische Weg (Fotografiestudium)
Private Fotoschulen
Der autodidaktische Weg (Quereinstieg)
04: Das Fotostudio
Eigenes Studio vs. Mietstudio
Vor- und Nachteile einer Studiogemeinschaft
Tipps zum Mietvertrag
Tipps zur Lage
Tipps zur Eignung und zur sinnvollen Einrichtung des eigenen Fotostudios
05: Positionierung und Zielsetzung
Allrounder oder Spezialist?
Tätigkeitsbereiche
Fluch und Segen des Bildagenturgeschäfts
06: Behördengänge & Co.
Die Künstlereigenschaft
Anmeldung beim Finanzamt
Anmeldung bei der Gewerbemeldestelle
Industrie- und Handelskammer (IHK) und Handwerkskammer
Sozialversicherung: Anmeldung bei der Künstlersozialkasse
Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft
Die VG Bild-Kunst
07: Sinnvolle Werbemaßnahmen
Zielgerichtete Werbung
Flyerwerbung
Visitenkarten
Internetpräsenz
Schaufenstergestaltung
Akquise bei Werbeagenturen und Verlagen
08: Wie erledige ich professionell, effizient, finanziell erfolgreich und rechtlich sicher meinen ersten Fotojob?
Angebotserstellung
Bestätigungsschreiben
Abwicklung
Rechnungsstellung
Mahnwesen
09: Rechtliches
10: Steuern
Umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer
Die Frage des richtigen Steuersatzes
Umsatzsteuer
Einkommensteuer
Ausblick
Nützliche Links und Literatur-Empfehlungen
Teil 02: Fragen zur Eignung
Seid ihr sicher, dass die Selbstständigkeit (als Fotograf) der richtige Weg für euch ist? In der Vergangenheit habe ich hauptsächlich zwei unterschiedliche Typen von Autodidakten kennengelernt. Die einen hatten bereits erfolgreich in einem anderen Job gearbeitet, waren oftmals hoch qualifiziert. Sie standen fest im Berufsleben. Die anderen haben mal hier, mal dort gearbeitet. Meistens in unqualifizierten Jobs und in der Regel nie lange. Unzufriedenheit führte sie in die fotografische Selbstständigkeit.
Doch um erfolgreich als Quereinsteiger zu arbeiten, benötigt man schon eine gewisse persönliche Reife und vor allem auch Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen. Dies ist der Grund, warum die stetigen Berufsabbrecher und „Unruhegeister“ es schwer haben werden, sich im Berufsleben – auch als Fotografin oder Fotograf – durchzuboxen. Die zuerst genannten hingegen werden sich eher im Beruf Fotograf etablieren, denn sie haben in der Vergangenheit bereits gelernt, worauf es ankommt.
Schöne Modelle – berufsmäßig – vor exotischer Kulisse zu fotografieren, ist schon eine verführerische Vorstellung. Doch bedenkt auch, dass viel harte Arbeit dahinter steckt, wenn ihr dauerhaft erfolgreich sein wollt (respektive sein müsst).
Mögt ihr Musik? Geht ihr gerne auf Konzerte? Wenn ihr dann noch mit leidenschaftlicher Begeisterung fotografiert, könnte der Beruf „Konzertfotograf“ vielleicht das Richtige für euch sein.
Persönliche Eignung: „Macher“ vs. Bedenkenträger
Um es gleich vorweg zu sagen: Es reicht nicht, dass ihr von der Fotografie begeistert oder gar „besessen“ seid, und es reicht auch nicht, dass ihr Fotos macht, für die eure gesamte Verwandtschaft euch beneidet. Wenn ihr euch in die Selbstständigkeit stürzt, bedeutet das, dass ihr sämtliche Sicherheiten aufgebt und ein ganz neues Leben beginnt. Dies gilt umso mehr, wenn ihr vorher in einem anderen Job angestellt wart, mit festem Sozialgefüge und Gehalt, definierter Wochenstundenzahl, Urlaubsanspruch, sozialer Absicherung durch den Arbeitgeber, etc.
Ich liebe die Herausforderung. Wenn ich das erste Mal etwas fotografiere, das ich bis dato noch nicht fotografiert hatte, bin ich gefordert, mich intensiv mit dem neuen Thema auseinanderzusetzen.
Um als Selbstständiger Fuß zu fassen, bedarf es einer Reihe von persönlichen Voraussetzungen, wie beispielsweise Selbstbewusstsein, Fleiß, Ausdauer, anpackendes Wesen, robuste Gesundheit, Verantwortungsbewusstsein. Auch die Fähigkeit zur Selbstmotivation ist enorm wichtig, wenn ihr eure Arbeitszeit größtenteils frei einteilen könnt! Jemand, der hin- und hergerissen ist, wie er seine zur Verfügung stehende Arbeitszeit einteilt, beispielsweise zwischen Fotos retuschieren und Onlinepoker, wird es auf Dauer schwer haben …
Man braucht schon „Power“ und Durchsetzungsvermögen, wenn man sich selbstständig macht. Das gilt im Bereich Fotografie ganz besonders.
Über Problem- und Aufgabenstellungen kann man stunden- und tagelang diskutieren, doch werden diejenigen Erfolg haben, die sich zum richtigen Zeitpunkt zum Handeln entscheiden, auch wenn vielleicht noch nicht alle Lösungen auch fürs kleinste Detail gefunden wurden.
Die „Macher“ sind es, die ihre Zeit effizient einsetzen und längst Lösungen präsentieren, während ihre Konkurrenten noch philosophisch alle Punkte der Fragestellung abhandeln …
Sachliche Voraussetzungen
Ich bin bemüht, meine Ausrüstung technisch auf dem neuesten Stand zu halten. So bin ich für alle Fälle gewappnet, für alle Fotoaufträge bestens ausgerüstet.
Da man, bevor man sich als Fotograf selbstständig macht, schon einige Jahre fotografiert haben sollte, kann man eigentlich davon ausgehen, dass eine annähernd professionelle Kameraausrüstung, bestehend aus mindestens einer hochwertigen DSLR und einer Reihe von (möglichst lichtstarken) Objektiven vorhanden ist. Eine zweite DSLR ist dringend anzuraten, denn wer möchte schon unbesorgt einen wichtigen Fotojob annehmen, wenn er oder sie keine geeignete Ersatzkamera hat?
Unerwartet schnell kann euch eure Kamera herunterfallen, und wenn es die einzige war, die ihr beim Shooting mithattet, müsst ihr abbrechen, was je nach Fotojob manchmal entweder unangenehme finanzielle Folgen hat (Modell und Visagistin müssen an einem anderen Tag noch mal neu gebucht und bezahlt werden) oder aber dazu führen kann, dass die Aufnahmen unwiederbringlich verloren sind (beispielsweise in der Pressefotografie bei einem einmaligen, besonderen Ereignis). Seid ihr als Werbefotograf tätig, sollte zumindest eine der beiden Kameras mit Vollformatsensor ausgestattet sein, falls eure Kunden für ihre Werbung (beispielsweise bei 18/1-Plakaten) hochauflösende Fotografien benötigen. Achtet gerade auch beim Kauf von Objektiven auf eine möglichst hohe Qualität! Die Objektive sind die Augen der Kamera, eine schlechte optische Qualität wäre für eure Kunden sofort sichtbar.
Als Berufsfotograf solltet ihr äußersten Wert auf qualitativ hochwertige Ausrüstung legen! Ich nutze ausschließlich Vollformatsensor-Kameras (Nikon D3X und D3S) mit hochwertigen Original-Objektiven.
Neben der Kameraausrüstung darf im digitalen Zeitalter eine gute Computer-Ausstattung nicht fehlen. Euer Computer, samt Monitor, sollte für die Bildbearbeitung geeignet sein. Dies bedeutet, dass ihr nicht am Arbeitsspeicher eures Computers sparen solltet, aber auch nicht an der Grafikkarte.
Dass der Monitor kalibrierbar sein sollte, braucht hoffentlich nicht extra erwähnt zu werden. Neben Computer und Monitor braucht ihr genügend externen Speicherplatz zur Datensicherung. Ob ihr euch dabei für ein RAID-System entscheidet oder für eine konventionelle Lösung mit mehreren externen Festplatten, ist dabei unerheblich.
Wenn es absehbar ist, dass ihr viel Bildbearbeitung durchführen werdet, empfiehlt sich die Anschaffung eines Grafiktabletts samt drucksensitivem Stift, was euch eure Arbeit erleichtern wird. Bei den meisten Fotografen wird zudem ein hochwertiges Ausgabegerät (Drucker) ebenfalls zum Gerätepool gehören. Neben der notwendigen Hardware wird ein umfangreiches Software-Paket benötigt, wie beispielsweise Programme zur Bildbearbeitung, Homepage-Erstellung oder zumindest -Pflege, Text-Programme und zur Tabellenkalkulation, Präsentations- und Datensicherungsprogramme, etc. Wenn ihr erst einmal selbstständig seid, solltet ihr keine schwarz gebrannten Programme mehr verwenden.
Ein moderner Computer mit einer umfangreichen Softwareausstattung gehört ebenfalls zum Handwerkszeug eines modernen Fotografen. Und natürlich eine nette Assistentin, die den Computer bedienen kann … ;-)
Monetäre Voraussetzungen
Je nach Art der Tätigkeit, die ihr als Fotograf ausüben möchtet, benötigt ihr noch etliche weitere materielle Dinge, die allesamt viel Geld kosten. An dieser Stelle sei lediglich als Beispiel eine professionell einsetzbare Blitzanlage samt Zubehör erwähnt, die, natürlich je nach Ausstattung, locker zwischen 3.000,- und 10.000,- Euro kosten wird. Auch Reflektoren, Diffusoren und Transporttaschen oder –Rucksäcke (fürs Kamera- und fürs Lichtequipment) gehören zum unentbehrlichen Handwerkszeug eines jeden Fotografen dazu – ebenfalls alles nicht ganz günstig.
Gute Ausrüstung hat ihren Preis. Doch spart nicht am falschen Ende; schließlich müsst ihr als Berufsfotograf tagtäglich damit arbeiten.
Viele Investitionen, die ihr noch tätigen müsst, sind beim Schritt in die Selbstständigkeit noch gar nicht absehbar. Deshalb ist es ratsam, dass ihr eine genügend große Reserve auf der „hohen Kante“ bereithaltet, um für alle Fälle gewappnet zu sein.
Bei Werbefotografen sollte dieser Betrag nicht unter 25.000,- Euro liegen. Anfangs dient der Betrag dazu, nicht vorhersehbare Ausgaben zu Beginn der Selbstständigkeit zu finanzieren. Später wird er eingesetzt, um Aufträge vorzufinanzieren (wenn der Kunde keinen Vorschuss für Modellhonorare etc. leisten konnte oder wollte) oder um Ersatzanschaffungen zu bezahlen.
Unterstützendes Umfeld
Nicht unterbewertet werden darf ein unterstützendes Umfeld in eurer Familie. Nur, wenn euer Partner oder eure Partnerin euch finanziell, moralisch und durch Mithilfe (zum Beispiel an den Wochenenden) unterstützt, habt ihr gute Chancen auf beruflichen Erfolg!
Dieser Punkt sollte nicht unterschätzt werden, denn niemand kann immer gegen ALLE Widerstände arbeiten. Es ist schlimm genug, wenn man gegen die riesige Konkurrenz kämpft und gegen das Finanzamt, wenn Kunden schwierig sind oder eventuelle Mitarbeiter unzuverlässig, wenn Modelle oder Visagistinnen rumzicken, etc. Da ist es wichtig und notwendig, einen ruhenden Pol zu haben, der zuhören kann, neutral berät und zu einem hält.
Wenn eure Lebensgefährtin jedes Mal vor Schreck vom Stuhl fällt, nur weil ihr eine neue Kamera oder ein teures Zubehörteil für eure Blitzanlage anschaffen müsst, wird es auf die Dauer ganz schön anstrengend für euch. Glücklich können sich die Fotografen schätzen, deren Partner ganz hinter ihnen steht!
Prima ist es auch, wenn man Kollegen kennt, die sich ebenfalls als Start-up gerade erst selbstständig gemacht haben. Dann kann man sich untereinander austauschen, also Erfahrungen und Tipps weitergeben oder einholen, gemeinsam Behördengänge erledigen, sich untereinander Equipment ausleihen, etc. Auch eine helfende Hand ist häufiger vonnöten, gerade bei der Einrichtung des eigenen Fotostudios (siehe Kapitel „Das Fotostudio“).
Wenn man sich hervorragend miteinander versteht, bietet sich die Bildung einer Studiogemeinschaft an. Nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stärker“ kann so nicht nur das Know-how geteilt werden, sondern auch die Lasten der Studiounterhaltung. Vergleiche hierzu das Tutorial „Vor- und Nachteile einer Studiogemeinschaft“.
Toll ist es, wenn eure Familie euch in eurem Vorhaben, Fotografin oder Fotograf zu werden, unterstützt. Und wer weiß, vielleicht hilft euch euer Nachwuchs demnächst bei euren Shootings als Assistent beim Tragen der Ausrüstung?