Der Einstieg in die Berufsfotografie
Welcher ist der richtige Weg in die Selbstständigkeit? Nun, eine allgemeingültige Antwort kann auf diese Frage nicht gegeben werden. Versucht herauszufinden, welcher der richtige Weg für euch ist, welche Lösung euren individuellen Bedürfnissen gerecht wird. Hilfreich für die Entscheidung ist auch, wenn ihr euch einmal selbst fragt, wo eure Stärken liegen. Solltet ihr Lust verspüren, mehr als nur einen der 5 im Folgenden vorgestellten Wege in den Beruf Fotograf zu beschreiten, ist dies natürlich auch möglich.
Praktika und Assistenzen
Um überhaupt erst einmal einen kleinen Einblick in die Arbeitswelt eines Berufsfotografen zu bekommen, empfiehlt sich ein mehrwöchiges Praktikum, welches eine Dauer von zwei bis drei Wochen aber nicht unterschreiten sollte.
Im Rahmen eines Praktikums oder als Assistent lernt ihr nicht nur, wie man Aufheller und Abschatter richtig einsetzt. Ihr lernt auch eine Menge über den Berufsalltag des Fotografen. So könnt ihr unverbindlich herausfinden, ob dies der richtige Beruf für euch ist.
Solltet ihr feststellen, dass die Ausrichtung des Praktikum-Betriebes nun gar nicht euren Vorstellungen entspricht, hat sich das (relativ kurze) Praktikum dennoch gelohnt: Denn noch, bevor ihr mehr als nur Zeit investiert oder euch für eine Ausbildung verpflichtet habt, konntet ihr herausfinden, ob der eingeschlagene Weg die richtige Wahl für euch war!
Manchmal merkt man während eines Praktikums, dass der eingeschlagene Weg zwar der richtige ist, dass aber die inhaltliche Schwerpunktsetzung geändert werden muss. In der 12. Schulklasse absolvierte ich ein Praktikum bei einem Industrie- und Werbefotografen. Während dieser 2 Wochen ist mir besonders das Shooting mehrerer Männergesangsvereine im Gedächtnis haften geblieben. Doch ich fotografiere lieber Rockgruppen beim Konzert als Männergesangsvereine bei der Chorprobe. Das folgende Foto zeigt die H-Blockx beim Zeltfestival Ruhr im Sommer 2010.
Assistenzen sind ebenso wie Praktika geeignet, um herauszufinden, welchen Weg man später als selbstständiger Fotograf gehen möchte. Daher macht es durchaus Sinn, beziehungsweise es ist sogar höchst ratsam, bei verschiedenen Fotografen (je nach Anfall der Arbeiten gleichzeitig oder nacheinander) tätig zu sein; vorausgesetzt, dass ihr euch das finanziell leisten könnt, denn Assistenten bekommen häufig gar kein Honorar, oder eben nur fallweise, zum Beispiel bei wichtigen Jobs.
Werden Praktika in erster Linie gemacht, um sich beruflich zu orientieren, sind Assistenzen bei möglichst namhaften Fotografen vor allem wichtig für das eigene Vorwärtskommen. Hier lernt ihr nicht nur fotografisch eine Menge, sondern auch, wie ein erfolgreicher Betrieb in der Praxis funktioniert.
Einrichtung des Fotostudios, Kundenkontakte, Akquise (= alle Maßnahmen der Kundengewinnung), Büroarbeiten, Steuern, Bildbearbeitung, Pflege der Ausrüstung, Archivierung, Auftragsabwicklung, Rechnungsstellung und Mahnwesen, strategische Ausrichtung, etc. sind nur einige der Punkte, die für einen Neueinsteiger interessant und bedeutsam sind!
Gerade für Berufseinsteiger ist eine Assistenz (ich spreche hier mit Absicht nicht von einer Assistenten“stelle“!) auch moralisch wichtig, da ein wohlwollender „Mentor“ einem Neuling in diesem Berufsfeld schon eine gewisse Sicherheit bietet. Die Angst vor der Selbstständigkeit, dem „Sprung ins kalte Wasser“, wird durch eine Foto-Assistenz nicht unwesentlich gemildert. Achtet aber darauf, dass ihr euch in wichtigen Entscheidungen nicht völlig auf den „alten Hasen“ verlasst! Nicht, dass er oder sie sich irren könnte – sondern es kann passieren, dass ihr euch nach wenigen Monaten von eurem Mentor abhängig fühlt und Angst vor dem endgültigen Schritt in die Selbstständigkeit (nach Beendigung der Assistenz) bekommt.
Gerade, wenn man als Assistentin oder Assistent bei einem sehr guten, erfolgreichen und/oder bekannten Fotografen arbeitet, kann es einem leicht so vorkommen, als ob man selbst noch Lichtjahre davon entfernt ist, eigenverantwortlich und allein als Fotografin oder Fotograf tätig sein zu können. Es gibt viele Assistentinnen und Assistenten, die über Jahre hinweg den Absprung in die Eigenverantwortlichkeit nicht schaffen, und ich glaube, die Angst, auf einmal sein Berufsleben als Einzelkämpfer, also auf sich allein gestellt, zu meistern, ist in den meisten Fällen schuld daran!
Plant am besten einen festen Zeitraum, in dem ihr als freier oder fester Assistent bei einem oder besser mehreren Fotografen arbeiten wollt; beispielsweise zwei Jahre. Und danach, wie geplant, macht ihr euch „richtig“ selbstständig, indem ihr am Markt als Fotograf eure Dienste eigenverantwortlich anbietet. Unternehmerischer Mut gehört eben auch zu den Eigenschaften, die man „mitbringen“ muss, möchte man eines Tages als erfolgreicher Fotograf tätig sein!
Die klassische, handwerklich geprägte Ausbildung
Es sind nahezu ausschließlich junge Menschen, die den Weg der handwerklich geprägten Ausbildung zur Fotografin oder zum Fotografen wählen. Pro Jahr sind es knapp über 2000 Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz finden und eine entsprechende Lehre beginnen. Dominiert wird die handwerkliche Ausbildung von jungen Frauen (ca. zwei Drittel); ganz anders als sonst in der Fotografie-Szene, betrachtet man beispielsweise die geschlechterspezifische Zusammensetzung von Fotoclubs oder Fotografenverbänden.
Familien-, Hochzeits- und Porträtfotos sind die Haupt-Themengebiete der klassisch geprägten handwerklichen Berufsausbildung. Kinderfotos zu erstellen gehört damit zum Alltag der Auszubildenden. Leider gibt es viele Betriebe, in denen die Auszubildenden in den ersten beiden Lehrjahren hauptsächlich mit Hilfsarbeiten beschäftigt sind oder ausschließlich im Verkauf eingesetzt werden, sodass ihnen später die praktische Übung fehlt.
Allerdings ist bei der Fotografenlehre, im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen, die Abbruchquote deutlich höher (ca. 20 Prozent). Scheinbar klaffen Vorstellung und Realität im Bereich der handwerklichen fotografischen dreijährigen Ausbildung (diese kann bei guten Noten auf zweieinhalb Jahre verkürzt werden, vorausgesetzt, der Lehrling verfügt über Abitur oder Fachabitur) weit auseinander:
• Viele Betriebe sind stark spezialisiert. Dies kann den Auszubildenden zu einseitig sein. Immer nur biometrische Pass- und Bewerbungsfotos in Standardposen zu machen, ist langweilig! Die Kreativität ist dadurch stark eingeschränkt, was Unzufriedenheit hervorruft.
• Da viele niedergelassene Fotografinnen oder Fotografen entweder allein oder mit nur 1 Angestellten in ihren Studios arbeiten, besteht für den Auszubildenden nur selten die Option auf eine Übernahme nach Beendigung der Ausbildung.
• Aufgrund niedriger Preise können Kunden häufig nur rentabel bedient werden, wenn man ihnen nur eine kurze Zeitspanne widmet. Nicht selten werden daher die Blitzköpfe der Blitzanlage, einmal eingerichtet, so gut wie nie bewegt. Doch Zeitdruck und Kreativität sind wie Feuer und Wasser. Sie passen einfach nicht zusammen! Wer die Kunden aber immer nur nach bewährtem „Schema F“ fotografieren darf, wird schnell die Lust am eigentlich kreativen Beruf verlieren.
• Häufig werden die Lehrlinge aufgrund der Größe der Betriebe als billige Arbeitskräfte (Vergütung liegt bei durchschnittlich 290,- Euro im Monat) eingesetzt, um vornehmlich Nebentätigkeiten wie Verkauf von Speicherkarten und Kameras, Saubermachen und das Bedienen der Labormaschinen/Fotodrucker auszuführen. Die (interessanten) Fotos macht der Chef. Ebenfalls ein Grund, nach kurzer Zeit frustriert das Handtuch zu werfen!
• „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ – dieser Spruch trifft auch auf die Fotografen-Ausbildung zu, denn die Fotografie verlangt einen hohen persönlichen Einsatz, der aber monetär nur schlecht honoriert wird. Dies liegt zum einen daran, dass es genügend Menschen gibt, die sich für diesen Ausbildungsberuf brennend interessieren, zum anderen aber auch daran, dass im Bereich der niedergelassenen Fotografen aufgrund der Konkurrenzsituation seit Jahren kaum noch kostendeckend, geschweige denn mit ansehnlichen Gewinnen gearbeitet wird.
• Viele Menschen gehen nicht mehr zum Fotografen (außer für Hochzeitsaufnahmen und biometrische Passfotos), weil sie selbst eine Digitalkamera samt Fotodrucker ihr Eigen nennen. Und etliche Quereinsteiger, die nebenbei Fotos anbieten, melden ein Nebengewerbe an (viele leider auch nicht!) und treten in Konkurrenz zu den schon am Markt befindlichen Fotografen. Treffend formuliert kann man sagen, dass immer mehr Anbieter um immer weniger Jobs konkurrieren. Die Berufsaussichten nach der Lehre sind also alles andere als rosig. Das erkennen die Auszubildenden jedoch erst während ihrer Ausbildung, was nicht wenige dazu bringt, die Lehre abzubrechen und sich einen anderen Beruf zu suchen.
Manchmal ist auch das Alter der Auszubildenden schuld an der hohen Abbrecherquote. Typisch für den Weg, über eine Ausbildung Fotograf werden zu wollen, ist eben das junge Alter der Auszubildenden. Und in jungen Jahren sind viele Menschen einfach noch nicht „reif“ für die endgültige Entscheidung, in welchem Beruf dauerhaft ihre Interessen liegen.
Doch es gibt auch einige Vorteile, die für eine handwerklich orientierte Fotografenlehre sprechen:
• Hat man einen guten Betrieb erwischt und zeigt man sich motiviert und engagiert, so ist eine gute, fundierte Ausbildung der Lohn.
• Der Abschluss ist staatlich zertifiziert, was durchaus ein Werbeargument gegenüber der ungelernten Konkurrenz sein kann.
• Nach der Ausbildung und anschließender Meisterprüfung steht den Fotografen dann als Meister frei, noch eine Fachhochschulausbildung zu beginnen, auch ohne die Schule mit allgemeiner Hochschulreife abgeschlossen zu haben.
• Und last, but not least durfte man einen Einblick erhalten in einen Betrieb, der am Markt besteht. Dies ist selbst dann wertvoll, wenn man für sich entscheidet, später einen anderen Schwerpunkt zu setzen.
Der akademische Weg (Fotografiestudium)
Bevor ihr euch entschließt, ein Fotografiestudium aufzunehmen (Voraussetzung ist, dass ihr über Abitur, Meisterbrief oder Fachhochschulreife verfügt), solltet ihr euch vorerst gründlich über die infrage kommenden Hochschulen und deren Aufnahmebedingungen informieren. Aber nicht nur der Besuch der offiziellen Webseite der Hochschule mit allgemeinen Informationen zum Studiengang ist anzuraten. Gespräche mit Lehrenden und Studierenden können zusätzlich wertvolles Insider-Wissen liefern, das die Entscheidung, ob das Studium (ob überhaupt, und wenn ja, ob an der betreffenden Hochschule) begonnen werden soll, durchaus stark beeinflussen kann. Gerade Studierende in höheren Semestern haben einen fundierten Einblick in den Ablauf und in die Eigenheiten des Studienganges der betreffenden Lehranstalt, was eine Unmenge an nützlichen Informationen (über Studieninhalte, Aufnahmeverfahren, realistische Studiendauer, Ausstattung der Hochschule mit Equipment, BAföG-Förderung, Vergabe von Stipendien, etc.) für den Interessenten bedeutet.
Erkundigt euch vor Beginn eines Studiums genau, welche Schwerpunkte in der fotografischen Lehre von den infrage kommenden Fakultäten gesetzt werden. Beginnt nur dann ein Studium, wenn die Studieninhalte euch zusagen und wenn ihr das Gefühl habt, mit dem erlernten Wissen später auch erfolgreich als Fotograf arbeiten zu können.
Beachtet, dass ihr mit Aufnahme eines Studiums einen großen Teil eurer Lebenszeit verplant. Eine Fehlentscheidung zieht also ganz andere Konsequenzen (zumindest zeitlicher Art) nach sich als nahezu alles andere, was ihr bisher so in der Vergangenheit unternommen habt. Da will der Entschluss, ein Fotografiestudium an einer bestimmten Hochschule aufzunehmen, wohlüberlegt sein!
Nachdem ihr euch für eine oder mehrere infrage kommende Einrichtungen entschieden habt, beginnt die langwierige Bewerbungsprozedur. Da nur maximal jeder zehnte Interessent einen Studienplatz im Bereich Fotografie bekommt, sind die wenigen freien Plätze heiß begehrt, sodass jedem einsichtig sein müsste, dass die Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen äußerst sorgfältig zu erfolgen hat. Bei Studiengängen im Bereich Fotografie ist die Fotomappe das entscheidende Instrument, die jeweiligen Dozenten in den Hochschulen vom eigenen Talent und der fotografischen Leidenschaft zu überzeugen. Dafür gibt es extra „Mappenvorbereitungskurse“ (die bis zu einem Jahr andauern) und „Mappenberatungen“, die von den jeweiligen Lehranstalten angeboten werden. Nutzt auch die Möglichkeit, euch erfolgreiche Mappen angenommener Bewerber (also von bereits Studierenden) anzuschauen.
Bei der Mappenpräsentation muss man alle möglichen Bereiche abdecken. Verschiedene Techniken zeigen, Bildbearbeitung, etc. Man sollte eine große Palette an Motiven präsentieren. Und häufig bekommt man vom Professor ein spezielles Themengebiet im Voraus genannt, welches man bestmöglich erfüllen muss. In Köln beispielsweise hat man hierfür ein halbes Jahr Zeit. Wenn dann dem Auswahlgremium von Dozenten eure Arbeiten gefallen, werdet ihr aufgenommen. Die Bewertung erfolgt also rein subjektiv.
Neben der Mappe entscheiden, wieder je nach Lehranstalt, Eignungsprüfungen darüber, ob der Bewerber einen der heiß begehrten Studienplätze bekommt. Nach der Mappenprüfung, die einem ersten groben Aussieben entspricht, wird der Bewerber zu einer praktischen und einer mündlichen Prüfung geladen. Die Prüfungen dienen dazu, zu sehen, wie der Bewerber unter Stress künstlerisch-gestalterisch arbeitet; aber auch, ob er geeignet und – last, but not least - überhaupt Urheber der von ihm eingereichten Fotografien ist. Gerade in der mündlichen Eignungsprüfung versuchen die Prüfer (neben dem Kennenlernen), die persönliche Eignung herauszufinden; ob die Kandidatin oder der Kandidat mit brennender Leidenschaft das künstlerische Studium durchstehen wird und ob sie oder er in der Lage ist, selbstständig künstlerisch-konzeptionell zu arbeiten.
Manche Lehrinstitute verlangen darüber hinaus, dass der Bewerber vor Beginn des Studiums bereits ein mindestens sechswöchiges Praktikum in einem medienorientierten Unternehmen absolviert hat, was durch eine schriftliche Bescheinigung des Betriebes nachzuweisen ist.
Da die Wahl der Hochschule einen großen Einfluss auf euer zukünftiges Können, euren fotografischen Stil und damit insgesamt auf euren zukünftigen Weg als Berufsfotograf hat, ist es ratsam, hierbei äußerst sorgsam vorzugehen und sich vorher ausreichend zu informieren.
Private Fotoschulen
Das Studium an einer privaten Fotoschule wird für all jene interessant sein, denen die Zulassungsvoraussetzung dafür, an einer staatlichen Hochschule zu studieren (die allgemeine Hochschulreife) fehlt und die dennoch auf eine Art „Studium“ nicht verzichten möchten. (Ausnahme: Die design akademie Berlin verlangt unter anderem den Nachweis einer Hochschul- oder Fachhochschulreife oder eines vergleichbaren anerkannten Zeugnisses).
Folgende private Schulen wurden in einem aktuellen Bericht der Zeitschrift PROFIFOTO (Ausgabe 1-2/2011) aufgeführt: design akademie Berlin, Lette-Verein Berlin, Neue Schule für Fotografie Berlin, Ostkreuzschule für Fotografie und Gestaltung Berlin, Photoacademy Urbschat Berlin, Best Sabel Bildungszentrum Berlin, Freie Akademie der bildenden Künste Essen, Lazi Akademie Esslingen, Fotoakademie Köln, Photo+Medienforum Kiel, Privatschule für Fotodesign Pforzheim. Auffällig ist, dass die meisten dieser Schulen in Berlin ansässig sind. Lediglich 5 von 11 der hier genannten privaten Institutionen, die eine Ausbildung zum Fotografen in Form eines Studiums anbieten, sind nicht in Berlin ansässig.
Inwieweit die Ausbildung an einer privaten Institution geeignet ist, ein guter Ersatz zu einem Studium zu sein, hängt ganz wesentlich vom Inhalt der Ausbildung ab, vom Engagement, Wissen und Können des Lehrkörpers, aber auch von der Ausstattung mit Equipment. Fakt ist, dass viele private Schulen keinen staatlich anerkannten Abschluss vergeben dürfen. Lediglich die Lazi Akademie in Esslingen, das Best Sabel Bildungszentrum in Berlin, das Photo+Medienforum Kiel und der Lette-Verein vergeben den Abschluss eines staatlich anerkannten oder staatlich geprüften Fotodesigners (Photo+Medienforum Kiel: staatlich anerkannter Fotograf; design akademie Berlin: Bachelor of Arts). Die anderen schmücken ihre Absolventen mit selbst ausgedachten Titeln wie „Photoartist“ oder einem beliebigen Zertifikat.
Doch nicht der Titel ist entscheidend, sondern, wie viel die Absolventen gelernt haben. Die Qualität der Lehre als Garant zum beruflichen Erfolg ist – wie überall – aber im Voraus nicht offen ersichtlich. Hilfreich sind hier Erfahrungsberichte von Absolventen oder Infotage der infrage kommenden Institution, sofern so etwas angeboten wird.
Beispielhaft ist hier die design akademie Berlin, die regelmäßig Infotage anbietet. Der Menüpunkt hierfür findet sich direkt auf der Startseite der Webpräsenz.
Hat man sich erst einmal zum Studium an einer privaten Schule für Fotografie entschieden, bleibt noch die Frage, welche Institution gewählt werden soll. Hierbei spielen, neben dem Standort, auch finanzielle Fragen eine oftmals entscheidende Rolle, denn die „Studiengebühren“ schwanken je nach Schule zwischen 85,- Euro monatlich zzgl. Materialkosten beim Lette-Verein Berlin bis zu 1.760,- Euro bei der Freien Akademie der Künste in Essen. Dennoch gilt auch hier: Nicht der günstigste Preis ist entscheidend, sondern das Preis-Leistungs-Verhältnis!
Darüber hinaus ist von Bedeutung:
• Welche Aufnahmeanforderungen gibt es? (Aufnahmeprüfung? absolviertes Praktikum? Mappensichtung? Bewerbungsgespräch? Hausarbeit?)
• Wie groß sind die Klassen (Schüleranzahl)?
• Gibt es einen Schnupperkurs? (Die design akademie Berlin bietet beispielsweise ein dreitägiges Probestudium für 160,- Euro an).
• Wird die Institution durch Bundesmittel gefördert; bekomme ich dort BAföG?
• Gibt es Stipendien? Stipendien werden zum Beispiel vergeben an der Fotoakademie Köln und der Freien Akademie der bildenden Künste Essen.
• Ist die Ausbildung nur als Vollzeitstudium möglich oder auch berufsbegleitend (wie zum Beispiel bei der Freien Akademie der bildenden Künste in Essen)?
• Werden Vorkurse zur Vorbereitung angeboten, um fehlendes Grundwissen auszugleichen?
• Wird die Fotografie im Studium auch praktisch angewandt?
• Sind die Lehrinhalte zeitgemäß (Bildbearbeitung mithilfe von Photoshop statt Laborarbeit)?
• Welche Dozenten sind an der privaten Fotoschule tätig? Was sind ihre Referenzen, welche Bildsprache vertreten sie?
• Werden Fotoarbeiten der Schüler und Abschlussarbeiten gezeigt, damit man sich ein Bild von der Qualität der Absolventen machen kann? (Schade: die stimmungsvollen Aufnahmen, die in der Fotogalerie der Privatschule für Fotodesign Pforzheim zu sehen sind, können nicht zugeordnet werden. Der Urheber wird nicht genannt, es ist somit nicht ersichtlich, ob die Aufnahmen von einem Dozenten oder von Schülern stammen).
• Wie lang ist die Studiendauer?
• Welche Schwerpunkte werden gelehrt? So sind beispielsweise Arbeiten aus dem Bereich Werbung/Industrie (1 Foto) und der Bereich Architektur (5 Fotos) bei der Selbstdarstellung der Photoacademy Urbschat kaum präsent, während im Bereich Porträt oder People etliche Arbeiten gezeigt werden (Stand: Januar 2011).
Wenn ihr schon vor Beginn der Ausbildung wisst, wohin die fotografische Reise schwerpunktmäßig gehen soll, dann solltet ihr eine Institution wählen, die entsprechendes Know-how aufweist.
Interessant und gut gemacht ist die Galerie der Fotoakademie Köln. Hier werden Projektarbeiten von Auszubildenden vorgestellt. Die Präsentation erfolgt mit Namensnennung, allerdings ist bei Mehrautorenschaft die eindeutige Zuordnung Fotograf – Bild nicht möglich.
Eine ausführliche Recherche, welche private Schule den eigenen Anforderungen genügt, ist also dringend anzuraten! Neben Gesprächen mit Schülern und Absolventen ist auch die Selbstdarstellung (beispielsweise die Internetpräsenz) der privaten Institutionen recht aussagekräftig. Sind zum Beispiel die gezeigten Foto-Arbeiten nicht ansprechend oder machen keinen professionellen Eindruck, so solltet ihr euch lieber nach einer anderen Institution umschauen. Nicht gerade vertrauenserweckend mag es auch sein, wenn die Internetseite der Schule die Anforderungen des Telemediengesetzes nicht erfüllt (zum Beispiel schwer zu findendes Impressum).
Hinweis: Die Internetseiten der oben genannten privaten Fotoschulen findet ihr im Anhang dieser Tutorialserie (Teil 10).
Der autodidaktische Weg (Quereinstieg)
Wenn ihr weder eine Lehre noch den langen Weg der fotografischen Ausbildung im Rahmen eines Studiums gehen möchtet oder der Meinung seid, dass ihr glücklicher werdet, wenn ihr ausschließlich euer eigenes Ding macht und eure fotografische Aktivität nicht nach dem Geschmack irgendwelcher Ausbilder oder Dozenten richten wollt, dann ist der Quereinstieg als Autodidakt genau der richtige Weg für euch.
Auch Quereinsteiger müssen (praxisorientiertes) Wissen erlangen, um erfolgreich als Fotograf arbeiten zu können. Im Rahmen des Selbststudiums lassen sich so wichtige Tipps und Tricks erlernen, die im fotografischen Alltag von Nutzen sein werden.
Im Rahmen meiner Coaching-Arbeit für Berufsanfänger habe ich viele engagierte Fotografinnen und Fotografen kennengelernt, die voller Elan diesen mutigen Schritt in die Selbstständigkeit gegangen sind und die sicherlich auf Dauer auch erfolgreich in diesem Beruf arbeiten werden. Ich habe allerdings auch Leute kennengelernt, die diesen Schritt vielleicht mutig, aber doch völlig unvorbereitet und viel zu früh getan haben und die deshalb vermutlich scheitern werden. Wo ist also der Unterschied zu finden zwischen denen, die Erfolg haben werden und jenen, die – sofern sie nicht über ausreichenden finanziellen Rückhalt oder „Vitamin B“ verfügen – zweifellos zum Scheitern verurteilt sind?
Der am häufigsten gemachte Fehler von Berufseinsteigern ist es hierbei, sich viel zu früh selbstständig machen zu wollen. Man sollte schon über ausreichend Erfahrung und fotografisches Können verfügen, bevor man den Schritt in die Selbstständigkeit wagt. Anderenfalls wird man „auf die Nase fallen“. Das Studieren von Internet-Tutorials, das Lesen von Lehrbüchern und Fachzeitschriften hilft hierbei, Lücken zu schließen und wichtiges Wissen für einen erfolgreichen Start zu erlangen.
Ihr solltet fototechnisch bereits sehr weit fortgeschritten sein, bevor ihr den Schritt in die Selbständigkeit wagt. Spaß an der Fotografie allein reicht nicht aus!
Das folgende Foto entstand Jahre, bevor ich mich als Werbefotograf selbstständig gemacht habe. Auch heute noch schaue ich es mir gerne an, denn qualitativ steht es meinen heutigen Arbeiten in nichts nach.
Zur Ergänzung ist der Besuch von Foto-Workshops und Seminaren (wo zum Beispiel fotorechtliche Grundkenntnisse vermittelt werden) und Mappen-Sichtungen (um ehrliches Feedback eines kundigen Profis zu bekommen) dringend zu empfehlen.
Seit einigen Jahren gibt es den „Meisterzwang“ nicht mehr. Auch Quereinsteiger können sich nun als Fotograf selbständig machen. Entweder als Künstler oder Bildjournalist, oder auch als handwerklich arbeitender Fotograf. Beachtet werden müssen lediglich die notwendigen Anzeigepflichten (siehe hierzu das Kapitel „Behördengänge & Co.“) bei der Betriebsaufnahme.