4.1 Indoor-Locations
Als ich, damals noch engagierter Amateurfotograf, noch kein eigenes Studio zur Verfügung hatte, war mein Traum, ein solches zu besitzen. Oder zumindest regelmäßig zur Verfügung zu haben, ohne dass je Nutzung teure Mietstudio- Kosten anfallen. Als ich dann im Sommer 2000 Räumlichkeiten zwecks Studioeinrichtung angemietet habe, konnte ich es nicht abwarten, endlich im eigenen professionell eingerichteten Studio loszulegen.
Doch es dauerte gerade einmal 4 oder 5 Wochen, bis ich merken musste, dass neutrale Hintergründe zwar für manche Motive die beste Wahl, jedoch für viele andere Bildideen schlichtweg zu langweilig sind. Und so fing ich an, mein Studio mit (besser) geeigneten Requisiten und Hintergründen zu füllen.
Mittlerweile habe ich zwar eine Hintergrundvorrichtung (mit Rollen zum Verschieben innerhalb des Studios), doch außerdem weist mein Studio etliche „wohnliche“ Bereiche mit Sofas, Sideboards, Sessel und anderen Möbeln auf, sodass mein Studio beim ersten Betrachten eher wie ein übergroßes Wohnzimmer mit vielen unterschiedlichen Einrichtungsstilen aussieht. Aber nicht wie ein Fotostudio.
Abbildung 4.1: Für manche Fotos ist der typische schwarze Hintergrund bestens geeignet. Gerade auch für Fotos aus dem Bereich der klassischen Aktfotografie ist er erste Wahl. Nikon D3X mit 2,8/105 mm Mikro Nikkor. 1/125 Sekunde, Blende 7,1, ISO 100.
(Foto © 2012: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 4.2: Dies ist nicht der typische weiße Studiohintergrund. Ich verwende oftmals lieber eine weiße Wand als weißen Hintergrund, weil das Model sich dann auch daran anlehnen kann. Das erweitert den Spielraum für etliche (lässig aussehende) Posen. Außerdem mag ich es, wenn der sich auf der Wand abzeichnende Schatten deutlich zu sehen ist. Das gibt dem Foto Tiefe (Räumlichkeit, Dreidimensionalität). Beim Shooting vor einem typischen (weißen) Studiohintergrund werden entweder die Schatten meist weggeblitzt oder aber sie wirken unnatürlich (aufgrund der Krümmung der Hohlkehle). Nikon D3X mit 1,4/85mm Nikkor. 1/125 Sekunde, Blende 5, ISO 200.
(Foto © 2012: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Oftmals denken wir Fotografen, dass bestimmte Fotos nur im Fotostudio gemacht werden können, weil dies das Ideal wäre. Doch nicht selten benötigt man für die geplanten Aufnahmen gar kein Studio und auch gar nicht die entsprechende Einrichtung, sondern lediglich ein wenig Platz und ein kleines Fleckchen neutralen (oder manchmal auch gemusterten) Hintergrund.
Abbildung 4.3: Ausdrucksstarke Porträts, sofern sie nicht als Schnappschuss oder im Rahmen der Streetfotografie gemacht werden, möchte man am liebsten im Fotostudio machen. Doch ganz ehrlich: Was benötigt der Fotograf wirklich bei solchen (wie dem hier abgebildeten) Porträts? Muss solch ein Foto im Studio gemacht werden? Reichen nicht ein paar Quadratmeter im heimischen Wohnzimmer völlig aus? Hier habe ich eine dunkle gemusterte Decke als Hintergrund aufgespannt. Bei solch einem engen Bildausschnitt wäre allerdings noch nicht einmal das nötig gewesen. Nikon D4 mit 2,8/105mm Makro Nikkor. 1/250 Sekunde, Blende 13, ISO 100.
(Foto © 2013: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Oft genug ist es auch gar nicht notwendig, extra einen Hintergrund aufzubauen oder herzurichten. Wenn man beispielsweise mit (relativ) offener Blende fotografiert, tritt der Hintergrund optisch zurück, er fällt dann nicht so sehr (störend) ins Auge.
Abbildung 4.4: Man erkennt die Kommode im Hintergrund gar nicht mehr als solche. Ich finde es schöner, irgendeine Struktur im Hintergrund zu erkennen, als wenn er nur einfarbig (und damit langweilig) wäre. Nikon D4 mit 2,8/70-200mm Nikkor bei verwendeter Brennweite 145 mm. 1/125 Sekunde, Blende 4,5, ISO 100.
(Foto © 2013: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Wenn der Hintergrund farblich zum Hauptmotiv passt, dann wird er als weniger störend empfunden. Die Einbeziehung eines natürlichen (wohnlichen) Hintergrundes passt oftmals besser zur Bildidee als beispielsweise künstlich wirkender Studiohintergrund.
Insbesondere in der Akt- und Erotikfotografie, weil der erotische Charakter des Fotos dann glaubwürdiger zur Geltung kommt. Erotik im heimischen Ambiente ist „logischer“ als vor einem neutralen (Studio-) Hintergrund!
Abbildung 4.5: Die sexy Pose und der laszive Blick des Models passen gut zum Badezimmer-Ambiente. Die Aufnahmen dieser Serie entstanden in Prag in einem 5-Sterne-Hotel. Ich arbeite sehr gern on location, weil man innerhalb kürzester Zeit auch ohne größere Umbauphasen unterschiedliche Hintergründe zur Verfügung hat. Man muss lediglich aufpassen, dass man mit den Lampenstativen nirgends anstößt und kostspieliges Mobiliar beschädigt. Nikon D3S mit 2,8/105mm Makro Nikkor. 1/80 Sekunde, Blende 6,3, ISO 200.
(Foto © 2010: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 4.6: Irgendeine Stelle, die besonders attraktiv ist, um für Fotos als Hintergrund Verwendung zu finden, gibt es in nahezu jeder Wohnung. Hier wurde im Raum dahinter eine Nebelmaschine eingesetzt, damit dieser auf den Fotos optisch zurücktritt und die Einrichtung nicht störend vom Model ablenkt. Nikon D3S mit 2,8/24-70mm Nikkor bei verwendeter Brennweite 42mm. 1/250 Sekunde, Blende 4,5, ISO 1250.
(Foto © 2010: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
In nahezu jeder Wohnung gibt es Ecken, die für Fotos (zumindest halbwegs) geeignet sind. Das kann eine Wandnische sein, ein Mauervorsprung, ein Fenstersims, ein Türrahmen, etc. Manchmal muss der Fotograf allerdings ein paar Dinge (Setzkästchen, Blumen auf Fensterbänken, Uropas Urne, etc.) beiseite räumen, damit nicht zu viel Krimskrams im Hintergrund stört. (Je nach Bildidee mag so was vielleicht sogar gewünscht sein; meistens jedoch stören zu viel persönliche Sammelsurien).
Je nach Bildidee kann die Küche besonders als Location geeignet sein, oder ein Büro mit Schreibtisch (bei Business-Porträts), das Kinderzimmer (wenn es um die Fotografie von Kindern und Jugendlichen geht) oder auch das Bad (beispielsweise bei erotischen Fotos oder auch bei Beauty-Porträts zum Thema Körperpflege und Schminken).
Abbildung 4.7: Im Badezimmer wirkt Nacktheit natürlich, nicht aufgesetzt. Ideal für erotische Fotos! Beachtet aber, dass je nach Umgebungs- und Wassertemperatur die Wasserdämpfe die zur Verfügung stehende Zeit fürs Fotografieren auf wenige Minuten beschränken werden. (Es sei denn, man kann das Model überzeugen, heiße Posen auch trotz kaltem Wasser zu bringen …) Nikon D3S mit 2,8/105mm Makro Nikkor. 1/100 Sekunde, Blende 5,6, ISO 640.
(Foto © 2010: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Allerdings müssen es nicht immer Räumlichkeiten sein, die wohnlich genutzt werden. Auch und gerade (alte, verfallene) Industriehallen und –Ruinen können als Kulisse für eure Modelfotos ideal sein. Einfach mal ausprobieren!
Abbildung 4.8: Micaela Schäfer habe ich 2008 in einer alten Industriehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord fotografiert. Hier benötigt man allerdings eine Genehmigung für Fotoaufnahmen, sofern diese veröffentlicht werden sollen. Es gibt aber auch genügend andere leerstehende Industrieruinen, wo man noch ohne zu fragen Fotos machen kann (aber aus Sicherheitsgründen natürlich nicht machen sollte!) Nikon D3 mit 2,8/24-70mm Nikkor. 1/125 Sekunde, Blende 9, ISO 200.
(Foto © 2008: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Es gibt noch viele andere tolle Locations, die hier nicht alle aufgezählt werden können. Beispielhaft seien noch genannt: Schlösser und Burgen, Villen, Hotelzimmer (Erlaubnis zur Veröffentlichung schriftlich geben lassen! Der Mietvertrag für das Hotelzimmer sieht nur die Anmietung zur Übernachtung vor. Alles andere ist nicht abgedeckt!), alte Scheunen und Bauernhöfe, Discos und Clubs, Schwimmbäder, Museen, etc. Achtet aber immer darauf, dass ihr die Erlaubnis vom Besitzer möglichst schriftlich bekommt! Die Erlaubnis sollte sowohl das Recht umfassen, dort fotografieren zu dürfen, als auch das Recht, die Fotos hinterher nutzen zu dürfen (ggf. auch kommerziell).
Property-Release für Räumlichkeiten (unentgeltliche Nutzung)
Mit der Unterzeichnung dieses Schriftstückes bestätigt der Inhaber/Pächter des …………………………………….. (Räumlichkeit), dass die Räumlichkeiten der …………………………………….. (Straße, Haus-Nr.), in …………………………………….. (Ort) am …………………………………….. (Datum) von ………. Uhr bis ………. Uhr kostenlos durch den Fotografen …………………………………….. samt Team für fotografische Zwecke genutzt werden können.
Die Fotografien dürfen durch den oben genannten Fotografen sowie Dritte uneingeschränkt genutzt und veröffentlicht werden. Der oben genannte Fotograf verpflichtet sich, die Räumlichkeiten aufgeräumt zu hinterlassen.
……………………………………..
(Unterschrift Fotograf)
……………………………………..
(Unterschrift Inhaber/Pächter)
aus: „Fotografie und Recht – Die wichtigsten Rechtsfälle für die Fotopraxis“ (Kötz/Brüggemann), mitp-Verlag, 2009, 34,95 Euro, ISBN 978-3826659447
Abbildung 4.9: In dieser alten Scheune zu fotografieren war (rechtlich) unproblematisch. Sie gehört zu einem alten Gehöft irgendwo in Andalusien, das seit Jahren verlassen war. Nikon D3S mit 1,4/85mm Nikkor. 1/160 Sekunde, Blende 2,5, ISO 2000.
(Foto © 2011: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Wenn ihr Fotos in einer Diskothek oder in einem Club machen wollt, so solltet ihr möglichst die vorhandene Beleuchtung mitsamt den Effektlichtern nutzen. Die Räumlichkeiten selbst sind oftmals gar nicht so spektakulär, zumindest wenn die Beleuchtung aus ist. Bei weißem (Tages-) Licht sehen die Diskos und Clubs oftmals sogar richtig schäbig aus.
Man sieht dann deutlich die Getränke-Flecken auf Möbeln und Fußboden, die Kratzer und Kuli-Schmierereien an den Wänden, die Zigaretten-Brandlöcher im Polster, teilweise kaputt geschlagene Holzmöbel und –Tresenteile, etc. Alles das, was aufgrund der schummrigen, bunten und schnell wechselnden Beleuchtung sonst nicht zu sehen ist, kommt, wenn ihr Blitzlicht einsetzt, schonungslos ans Tageslicht.
Abbildung 4.10: Ich fotografiere gerne in Clubs. Allerdings blitze ich dann nur leicht auf; das Hauptlicht kommt möglichst von der vorhandenen Beleuchtung. Bei dem sich so ergebenden Mix aus verschiedenen Farben und Farbtemperaturen gehören Farbstiche dann zum Ergebnis weitgehend dazu. Mithilfe von Farbton/Sättigung in Photoshop lassen sich die zu starken Farbstiche etwas mildern. Sie ganz zu beseitigen wäre aber kontraproduktiv, schließlich soll die Clubatmosphäre ja auch auf den Fotos rüberkommen. Nikon D3 mit 2,8/24-70mm Nikkor. 1/125 Sekunde, Blende 4,5, ISO 3200.
(Foto © 2008: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Anmerkung
Nicht immer ist es notwendig, „besondere“ Indoor-Locations für die Realisierung von Bildideen zur Verfügung zu haben. Oft reichen auch vorhandene Räumlichkeiten oder sogar nur ein paar Quadratmeter Platz. Mit einfachen Mitteln (beispielsweise – für Porträts – mit auf eine Wand provisorisch geklebtem gemusterten Geschenkpapier) kann man ebenfalls zu effektvollen Hintergründen kommen.
4.2 Outdoor-Locations
Die Locationwahl ist nicht selten von besonderer Bedeutung für das fotografische Endergebnis. Auch die Bildaussage kann stark von ihr beeinflusst werden. Dies gilt vor allem für die Outdoor-Locations. Grund genug also, die Location-Suche gründlich vorzunehmen! Doch wie findet man interessante, auf Fotos möglichst effektvoll rüberkommende Orte?
Hinweis: Wer auf Locationsuche geht, müsste dies eigentlich mindestens 3x am Tag machen: morgens, mittags und spätnachmittags. Ob eine Location fotografisch geeignet („fotogen“) ist, hängt nämlich auch zu einem großen Teil von der herrschenden Lichtstimmung ab! Der Sonnenstand (und damit der Schattenverlauf) hat also einen wesentlichen Einfluss darauf, wie die Orte auf Bildern „rüberkommen“!
Abbildung 4.11: Diesen tollen Wald habe ich beim Mountainbike fahren gefunden. Das Kleid wurde für den durchscheinenden Effekt von hinten mithilfe einer mobilen Blitzanlage (Elinchrom Ranger Quadra RX Hybrid) angeblitzt. Dafür habe ich einen Blitzkopf auf einem Lampenstativ hinter das Model gestellt, ebenso wie den kleinen Generator. Die Auslösung erfolgte mittels Elinchrom „Skyport“-Funkauslöser (der zum Lieferumfang der Ranger Quadra-Sets gehört).
Der Ranger Quadra RX ist, anders als die übrigen am Markt erhältlichen Outdoor-Generatoren, aufgrund seines geringen Gewichts hervorragend dafür geeignet, auch bei weiteren Fußmärschen vom Fotografen transportiert zu werden. Schwieriger als der Transport der Ausrüstung und die Lichtsetzung war hier das Zecken-Entfernen nach dem Fotoshooting … :-( Nikon D4 mit 2,8/14-24mm Nikkor bei verwendeter Brennweite 20mm. 1/60 Sekunde, Blende 6,3, ISO 100.
(Foto © 2013: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 4.12: Auch viele Parks und botanische Gärten laden dazu ein, als Location für Fotos „entdeckt“ zu werden! Nehmt aber, um Ärger mit den Betreibern zu vermeiden, Rücksicht auf die Passanten! Ebenso dürfte es selbstverständlich sein, dass wir Fotografen nirgendwo Müll hinterlassen und auch nicht Blumen oder andere Pflanzen kaputt treten. Nikon D3X mit 2,8/14-24mm Nikkor. 1/250 Sekunde, Blende 22, ISO 125. Das Foto wurde mit 1.200 Wattsekunden geblitzt.
(Foto © 2012: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Gerade am Meer herrschen oft sehr schwierige Lichtverhältnisse vor. Nämlich immer dann, wenn der Himmel blau und wolkenlos ist und die Sonne für starkes hartes Licht sorgt (und ebenso für „brutale“ Schatten verantwortlich ist). Glücklich ist dann der Fotograf, der Aufheller und Abschatter dabei hat (zur Bekämpfung der Kontraste). Oder aber warten kann, bis sich die Lichtverhältnisse ändern und diesiger Himmel für weiches angenehmes Licht sorgt.
Abbildung 4.13: Hier hatte ich Glück: Der wolkenverhangene Himmel sorgte für perfektes Licht, welches auch ohne beleuchtungstechnische Hilfsmittel gut zu handeln war. Nikon 1 J1 mit 3,5-5,6/10-30mm Nikkor. 1/640 Sekunde, Blende 6,3, ISO 100.
(Foto © 2013: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 4.14: Ibiza ist meine Lieblingsinsel, denn es gibt dort viele tolle „fotogene“ Locations. Neben Strand und Palmen gibt es dort auch herrliche rötliche Felsen, die sehr gut mit vielen Modelfotos harmonieren. Seit 9 Jahren fliege ich daher jedes Jahr mehrfach für Fotoshootings nach Ibiza. Vom 12. bis 19. Mai 2014 findet dort mein nächster Foto-Workshop statt (Themen: Erotic-, Beauty- und Fashion-Fotografie). Um professionell das Licht zu setzen, habe ich dann auch für die Teilnehmer zur Nutzung Aufheller und Abschatter von California Sunbounce und einen Mobilgenerator von Elinchrom (Ranger Quadra RX Hybrid) dabei. Nikon D3X mit 2,8/14-24mm Nikkor. 1/200 Sekunde, Blende 22, ISO 100.
(Foto © 2011: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 4.15: Verfallene historische Burgen sind eine tolle Kulisse für außergewöhnliche Modelfotos. Auch diese berühmte Maurenfestung ist eine der Locations bei meinen einwöchigen Andalusien-Workshops, die jedes Jahr im Oktober stattfinden.
(Foto ©: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Während in Deutschland alle alten verfallenen Gemäuer aus Sicherheitsgründen entweder umzäunt, instand gesetzt oder gar abgerissen wurden, ist man da im Ausland entspannter. Ich kenne einige tolle (verfallene) Locations in Spanien, die frei zugänglich sind, was in Deutschland undenkbar wäre. Allerdings würde ich bei meinen Fotoshootings oder mit meinen Foto-Workshops auch nichts unternehmen, was in irgendeiner Form gefährlich sein könnte. Locations wie die oben abgebildete Maurenfestung sind aber auch objektiv betrachtet nicht gefährlicher als zum Beispiel Felsformationen am Strand.
Tückisch sind Felsen, auf denen viele lose kleine Steine liegen, denn da kann man sehr schnell ausrutschen. Deshalb gehören feste stabile Schuhe zur Ausrüstung auf allen meinen Auslands-Workshops.
Abbildung 4.16: Man muss nicht bis in die USA fliegen, um eine Kulisse wie in einem Westernfilm als Location zu finden. Hier in Andalusien wurden schon etliche Spielfilme gedreht wie beispielsweise „Indiana Jones“, „Der Schuh des Manitu“, „Lawrence von Arabien“, „Vier Fäuste für ein Halleluja“, „Für eine Handvoll Dollar mehr“ sowie nahezu alle Sergio-Leone-Filme.
(Foto ©: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Wer interessante, „fotogene“ Locations sucht, findet diese nicht immer auch im Reiseführer. Eine typische „Postkartenidylle“ ist eben nicht unbedingt für Fotos als Hintergrund geeignet. Ideale Locations zeichnen sich durch Tiefe aus, einen interessanten Licht-Schatten-Verlauf, dass gegebenenfalls Strukturen in der Landschaft vorhanden sind, und auch die Farbigkeit spielt eine große Rolle bei der Eignung.
So kommt – fotografisch betrachtet – die ausgedörrte Erde Ibizas und Andalusiens mit den gelb-braun-rötlichen Erdtönen meines Erachtens besser auf Modelfotos rüber als zum Beispiel das saftige Grün der Wiesen in Deutschland.
Je nach Bildidee sind, vor allem auch in der Fashion-Fotografie, aber auch urbane Örtlichkeiten für Fotos interessant. Auch Städtelandschaften gehören daher zu den beliebten Locations in der Modelfotografie. Doch auch hier spielen die monochromen Farben des Betons sicher ebenfalls eine nicht unwesentliche Rolle bei der Eignung.
Hinweis: Es gibt viele „schöne“ Landschaften, die ich mir sehr gern anschaue, doch die ich für Fotos nicht interessant genug finde. Geeignet halte ich meist weniger ganze Ansichten, sondern eher kleine Ausschnitte von Landschaften. Ich finde, es ist wichtiger, dass das Model in den Hintergrund integriert werden kann; dass ich mit der Räumlichkeit gestalten kann, also sowohl Vorder- als auch Hintergrund habe.
Abbildung 4.17: Je nach Bildaussage kann Beton als Hintergrund geeigneter sein als eine grüne Wiese. Auch die Farben der Kleidung spielen dabei eine Rolle, schließlich sollten die zur Farbigkeit der Location passen. Nikon D3S mit 2/200mm Nikkor. 1/640 Sekunde, Blende 4, ISO 200.
(Foto © 2011: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Hinweis
„Oftmals sind es eher unscheinbare Locations, die für Fotos besonders geeignet sind – an denen aber »normale« Menschen einfach so vorübergehen, ohne das Potenzial zu entdecken. Haltet also die Augen offen und stellt euch vor, was ihr aus den gegebenen Umständen mit geschickter Ausschnittwahl, Beleuchtung und anderen kameratechnischen Möglichkeiten alles machen könnt! Wenn ihr dieses »fotografische Sehen« besitzt, werden euch die Locations niemals ausgehen!“
Aus: „Modelfotografie – Profiwissen Beauty-, Fashion- und Erotikfotografie“ (Jens Brüggemann), mitp-Verlag, 2013, 39,95 Euro, ISBN 978-3-8266-9212-3