Selbstständig als Fotograf: So gelingt der Einstieg!

Kommerzielle Fotografie 05: Positionierung und Zielsetzung

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Positionierung und Zielsetzung

Als ich mich 1998 als freiberuflicher Werbefotograf selbstständig gemacht habe, wollte ich schwerpunktmäßig Beauty-Porträts, Mode und Erotik fotografieren. Und zwar ausnahmslos in Schwarz-Weiß. Mittlerweile fotografiere ich hauptsächlich in Farbe, und zwar allgemein Menschen, aber auch Produkte, Autos und Interieurs. Selbst Architekturfotos habe ich schon ausgiebig erstellt.

Außerdem schreibe ich Foto-Lehrbücher und stehe als Referent für Workshops und Seminare zur Verfügung. Doch die anfangs gesetzten Schwerpunkte sind trotz meiner Diversifizierung geblieben: Ich fotografiere immer noch hauptsächlich Beauty-Porträts und Erotik. Seit einigen Jahren veranstalte ich auch Workshops im Ausland.

Die folgende Collage zeigt das Making-of meines Andalusien-Workshops (Thema: Beauty-Porträts und Erotik) vom Oktober 2010.

Kommerzielle Fotografie 05: Positionierung und Zielsetzung

Allrounder oder Spezialist?

Welcher Weg ist der richtige zum Erfolg? Um ein Ziel zu haben und um von der Kundschaft wahrgenommen zu werden, müsst ihr euch irgendwie am Markt positionieren. Selbst wenn sich euer Schwerpunkt im Laufe eurer Selbstständigkeit vermutlich verlagern wird, solltet ihr für einen zielgerichteten Start euren fotografischen Status genau definieren.

Kommerzielle Fotografie 05: Positionierung und Zielsetzung

Wenn ihr viele Bereiche innerhalb der Fotografie abdeckt, euer Angebot also sehr breit gefächert ist, wird dementsprechend groß auch die Anzahl derjenigen Unternehmen sein, die potenziell als Kunden für euch infrage kommen. Auf den ersten Blick scheint dies also die erfolgversprechendste Strategie zu sein, um sich einen möglichst großen Kundenkreis zu sichern.

Der Nachteil dieser Vorgehensweise ist, dass ihr es schwer haben werdet, auf euch aufmerksam zu machen. Die Menschen – und damit auch eure potenziellen Kunden – denken in Schubladen. Daher wird jemand eher wahrgenommen, der für einen bestimmten Teilbereich der Fotografie steht als jemand, der alles anbietet.

Ich habe mich von Anfang an für die erotische Fotografie von Frauen als Schwerpunkt meiner Arbeit entschieden. Als ich für ein Fotolehrbuch erstmals Männerakte fotografiert hatte, wollte ich diese einem Kalenderverlag zur Veröffentlichung anbieten. Doch als Kommentar bekam ich nur zu hören, dass ich doch der Frauenfotograf wäre und man somit mit mir keinen Männerkalender herausbringen könnte …

Ich hatte mich also erfolgreich am Markt – als Frauenfotograf – etabliert; mit dem Nachteil allerdings, dass oftmals für andere Bereiche auch andere Spezialisten gesucht wurden.

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Tätigkeitsbereiche

Es gibt viele unterschiedliche Tätigkeitsfelder in der Fotografie. In welchem wollt ihr schwerpunktmäßig tätig werden?

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Es gibt unzählige Bereiche in der Fotografie. Hier aufgelistet die gängigsten (alphabetisch geordnet):

  • Akt- und Erotikfotografie
  • Architekturfotografie
  • Boulevardjournalismus (Paparazzi)
  • Familienfotografie/Kinderfotografie/Babyfotografie
  • Foodfotografie
  • Hochzeitsfotografie
  • Industriefotografie
  • Konzert- und Theaterfotografie
  • Künstlerische Fotografie
  • Modefotografie
  • Natur- und Landschaftsfotografie
  • Porträtfotografie/Peoplefotografie
  • Reisefotografie
  • Reportagefotografie/Dokumentarfotografie
  • Sportfotografie
  • Stillsfotografie/Produktfotografie
  • Stockfotografie (Vermarktung der Aufnahmen erfolgt über Bildagenturen)
  • Tierfotografie
  • Unterwasserfotografie
  • Wissenschaftliche Fotografie



Diese Aufzeichnung ließe sich nahezu beliebig fortführen, denn denkbar sind weitere Spezialisierungen und Nischen innerhalb der verschiedenen Fotografiebereiche. So ließe sich beispielsweise noch die Astrofotografie anführen, als Unterpunkt der Naturfotografie, oder die fotografische Kriegsberichterstattung, als Unterpunkt der Reportagefotografie.

Die Aufnahme des Punktes Künstlerische Fotografie, hier verstanden als Selbstzweck, soll nicht heißen, dass die anderen Fotografiebereiche nicht ebenfalls künstlerisch motiviert sein und höchsten Kunstansprüchen genügen können. Im Gegenteil! Ähnliches gilt für den Bereich der Stockfotografie, denn mit dieser Bezeichnung ist lediglich gesagt, wie die Vermarktung der Fotos, die thematisch aus allen anderen Bereichen kommen können, erfolgt. Dennoch ist gerade die Stockfotografie solch ein bedeutender Bereich im Wirtschaftsleben, dass hierauf noch einmal gesondert eingegangen werden soll.

Mittlerweile war ich schon in den Bereichen Akt/Erotikfotografie, künstlerische Fotografie, Porträt-/Peoplefotografie, Kinder- und Babyfotografie, Hochzeitsfotografie, Architekturfotografie, Stillsfotografie, Foodfotografie, Modefotografie und Konzertfotografie tätig. Selbst Reisefotos habe ich schon gemacht, als Bewerbung für meine Auslands-Workshops auf Ibiza und in Andalusien.

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Fluch und Segen des Bildagenturgeschäfts

Bildagenturen (zum Beispiel Corbis, Getty, Fotolia, iStockphoto, Mauritius, Fotosearch, Shutterstock, f1-online und viele weitere) bekommen von ihren Partnerfotografen in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen Fotos geliefert, die dann von der Agentur vermarktet werden. Der Fotograf hat also keinen Einfluss darauf, wie und zu welchen Konditionen seine Aufnahmen Verbreitung finden. Dafür hat er aber auch keine Arbeit mit der Kundenakquise, der Rechteerteilung, der Rechnungsstellung, dem Monitoring und dem Mahnwesen. Die Stockfotografie, so der Name dieser Zusammenarbeit mit Bildagenturen, ist also ideal für Fotografen, die sich rein auf die Fotografie konzentrieren und sich möglichst wenig mit „Bürokram“ und anderem Verwaltungsaufwand, der automatisch anfällt, wenn man auch noch mit der Vermarktung seiner Fotografien beschäftigt ist, herumplagen möchten.

Früher war das Geschäft mit den Bildagenturen ein guter Nebenverdienst für freie Fotografen, die dort ihre freien Arbeiten, die sie in den Tagen zwischen ihren Auftragsfotoshootings fotografierten, vermarkten lassen konnten. Mittlerweile wird es hauptsächlich von Fotografen betrieben, die sich ganz auf das Fotografieren von Bildagentur-Material spezialisiert haben.

Kommerzielle Fotografie 05: Positionierung und Zielsetzung

Außerdem bietet diese Art der Fotografie weitgehende Freiheiten, da jeder Fotograf selbst angehalten ist, geeignetes Fotomaterial zu erstellen und der Bildagentur zu liefern.

Ein direkter Kundenkontakt findet folglich nicht statt, und auch der direkte Kontakt zu den Mitarbeitern der Bildagentur beschränkt sich nur auf die wenigen Ausnahmen, wenn die Agentur das Shooting in Auftrag gibt und begleitet. Dies ist aber nur in Ausnahmefällen bei vielversprechenden Themen der Fall, dann realisiert durch Topfotografen der Agentur.

Ein Foto, welches sich gut über eine Bildagentur vermarkten ließe:

Es könnte eingesetzt werden zu den Themen: „Junge“ – „Kind“ – „Klettern“ – „Kletterwald“ - „Absicherung“ – „Freizeit“ – „Bewegung“ – „Schutzhelm“ – „Natur“ – „Hochseilgarten“ – „Abenteuer“ – „Baum zu Baum“ – „Mut“ – „Mutprobe“ – „Spannung“ – „Nervenkitzel“ – „Selbstvertrauen“ – „Spaß“ – „inneren Schweinehund überwinden“ …

Kommerzielle Fotografie 05: Positionierung und Zielsetzung

Als Fotograf habt ihr eine Art Rahmenvertrag mit der Bildagentur, der für alle von euch gelieferten Fotografien (also auch für zukünftige Lieferungen) gleichermaßen gilt. Dieser Vertrag regelt auch den Honorarsatz. Dieser schwankt je nach (variablem) Status des Fotografen in der Agentur und verläuft zwischen 20% für Neueinsteiger bis hin zu 60% für Topfotografen.

Ferner sind Vertragsbestandteil die Modalitäten der Lieferung (üblich ist ein Upload auf den Bildagenturserver), die Freistellung der Agentur von Rechten Dritter, den Abrechnungsmodus und die Anforderungen an die gelieferten Fotografien (zum Beispiel geforderte Mindest-Auflösung, Dateiformat, Ausgabegröße, maximale ISO-Empfindlichkeitseinstellung, etc.).

Entsprechen die Fotos nicht den Anforderungen, kommen sie auch nicht in den Pool der den Kunden zur Auswahl angebotenen Fotos. Werden mehrere sehr ähnliche Fotos hochgeladen, wird lediglich eines aus der Serie angenommen. Auch hier gilt wieder, den Datenbestand trotz der Vielzahl der angebotenen Fotos übersichtlich zu halten. Eine bildinhaltliche Qualitätsprüfung beim Upload findet meist nicht statt, da eine solche nicht automatisierbar ist.

Da bei vielen Bildagenturen je hochgeladenem Foto eine Upload-Gebühr zu entrichten ist (Höhe ist schwankend, je nach Agentur und Ranking des Fotografen; mehrere Dutzend Euro sind keine Seltenheit) solltet ihr nur eure besten Fotos und nur wenige Variationen aus einem Fotoshooting hochladen.

Zusammen mit dem Foto müssen Model- und Location-Release hochgeladen werden, sofern Personen deutlich erkennbar auf den Fotos abgebildet und diese keine „absoluten Personen der Zeitgeschichte“ sind oder Fotos in Innenräumen von Gebäuden gemacht wurden.

Die Fotos werden, nachdem sie auf den Server geladen wurden, dann üblicherweise vom Fotografen verschlagwortet. Das bedeutet, dass den Fotos bestimmte Themen und prägnante Begriffe zugeordnet werden, die zum Bildinhalt passen. Diese Suchkriterien erleichtern den Kunden der Bildagentur dann die gezielte Suche nach bestimmten Anforderungen.

Dieses Prozedere ist eminent wichtig, damit Kunden in kürzester Zeit passende Fotografien im riesigen Datenbestand finden können. In einigen Agenturen wird daher die Verschlagwortung noch selber von den entsprechend qualifizierten Mitarbeitern betrieben. Bei den anderen wird die Verschlagwortung, die durch die Fotografen erfolgte, (zumindest stichprobenartig) durch eigene Mitarbeiter überprüft.

So könnten beispielsweise die Schlagworte zu dem folgenden Foto lauten: „Jachthafen“ – „Meer“ – „Wasser“ – „Luxus“ – „Urlaub“ - „Jacht“ – „Lifestyle“ – „Motorboot“ …

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Die gängigsten Fotomotive sind bei den Bildagenturen immer noch Menschen, fotografiert in allen möglichen Lebenslagen. Die Schlagworte bei diesem Foto könnten lauten: „Kind“ – „Junge“ – „Ernährung“ – „schlechte Ernährung“ – „Pommes frites“ – „Ketchup“ – „Emotionen“ – „Geschmack“ …

Kommerzielle Fotografie 05: Positionierung und Zielsetzung

Um immer auf dem Laufenden darüber zu sein, welche Art von Motiven von den Kunden der Bildagentur nachgefragt wird, werden in unregelmäßigen Abständen Newsletter an die Fotografen versandt. So sind auch die Bild-Ersteller darüber informiert, wie die Foto-Trends bei den Bildeinkäufern aussehen.

Der Fotograf bekommt anteiliges Honorar für den Verkauf seiner Fotografien über die Bildagenturen und eventuellen Partneragenturen aus dem Ausland. Die Abrechnung erfolgt je nach Agentur teilweise monatlich, teilweise quartalsweise. Sein anteiliges Honorar (Bildautorenanteil) beträgt im günstigsten Fall 50-60% des Netto-Verkaufserlöses, in anderen Fällen, gerade bei Neulingen in der Bildagentur, auch deutlich weniger.

Das Bildagenturgeschäft hat zu einem Preisverfall für Fotos geführt. Zum einen, weil die Konkurrenz der Bildagenturen untereinander zu einem Sinken der Preise geführt hat. Zum anderen, weil immer weniger Fotos in Auftrag gegeben werden, weil es nahezu alles schon irgendwo als Stockfoto zu kaufen gibt.

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Nachteile bei der Zusammenarbeit mit Bildagenturen sind:

  • Der Urheber, also der Fotograf, wird oftmals nicht bei der Veröffentlichung genannt, sondern nur noch die Bildagentur.
  • Man bekommt als Fotograf nur noch ausnahmsweise im Rahmen der Abrechnung mitgeteilt, wo und in welchem Zusammenhang genau die Fotos veröffentlicht wurden.
  • Belegexemplare werden nicht oder nur ganz selten an die Fotografen versandt.
  • Welches Foto anteilig wie viel Honorar erlöst hat, wird nicht von allen Bildagenturen mitgeteilt. Bei einigen Agenturen wird auf den Abrechnungen nur noch die gesamte Honorarsumme, über alle Bildverkäufe des einzelnen Fotografen zusammen, angegeben.
  • Durch den enormen Konkurrenzkampf im Bildermarkt der global-agierenden Bildagenturen untereinander sind die Preise für eine einzelne Veröffentlichung stark gesunken.
  • Erfolgt der Verkauf eines eurer Fotos über eine Partneragentur eurer Bildagentur, welche sich im Ausland befindet, so wird das Honorar anteilig bemessen von dem, was die Bildagentur, bei der ihr unter Vertrag steht, von der ausländischen Partneragentur für diesen Verkauf bekommt. Wenn der Verkauf dann nicht über die ausländische Partneragentur, sondern über deren ausländische Partneragentur aus einem nochmals anderen Land läuft, verringert sich das anteilige Fotografenhonorar ein weiteres Mal. So können die Honoraranteile, die euch vertragsmäßig zustehen, schon recht stark zusammenschmelzen. Kleinstbeträge unter 5,- Euro als Fotografenhonorar für ein einzelnes verkauftes Bild können so durchaus resultieren, was für die Fotografen natürlich ärgerlich ist, weil die Veröffentlichung ja dieselbe ist und ihr viel mehr bekommen würdet, wenn sie direkt durch die Bildagentur erfolgt wäre, bei der ihr unter Vertrag steht.
  • Bei den Microstock-Anbietern kann es passieren, dass konkurrierende Unternehmen das gleiche Foto für ihre Werbung verwenden.
  • Im Überlebenskampf haben einige Agenturen sogenannte „Abo-Modelle“ entwickelt, die dazu führten, dass hochwertiges Bildmaterial verscherbelt wird. Die Fotografen erhalten dann als Honorar lächerlich anmutende Kleinstbeträge.

Es kann im Bereich der lizenzfreien Fotos durchaus passieren, dass die Versicherung V ein Foto mit erwirbt, welches sie für eine große Werbekampagne für eine neue Versicherungsleistung nutzt, und wo sich dann herausstellt, dass die Konkurrenz, Versicherung W, das gleiche Foto ebenfalls erworben hat und ebenfalls zur Bewerbung einer neuen Versicherungsleistung verwendet.

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