Models gekonnt beleuchten
Abbildung 8.1: Bei meinen Auslands-Fotoworkshops (hier ein Schnappschuss vom Ibiza-Workshop im Mai 2013) lernen die Teilnehmer, unter den verschiedensten Lichtsituationen zu optimalen Ergebnissen zu kommen. Dabei führen viele unterschiedliche Wege zum Ziel: dem perfekten Modelfoto. Hier hat Stefan bei Gegenlicht seinen Systemblitz zur Aufhellung der Schatten im Gesicht des Models indirekt gegen den Sunbounce-Aufheller eingesetzt, um schöneres, weicheres (wegen der größeren Reflexionsfläche) Licht zu bekommen. Die seitliche Beleuchtung wirkt zudem weniger „flach“ und sorgt für mehr Plastizität, als dies bei einem direkt eingesetzten Blitz der Fall gewesen wäre.
(Foto © 2013: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
8.1.1 Aufheller und Abschatter
Aufheller und Abschatter gehören zu dem am einfachsten zu bedienenden Lichtequipment. Ihre Funktionsweise ist selbst erklärend:
Der Abschatter wird zwischen Sonne und Model gehalten, um das Licht zu mildern (Lichtabschwächung von ca. 1-2 Blendenstufen je nach Bezug). Zusätzlich sorgt er für eine Streuung des harten Sonnenlichts, was den angenehmen Effekt zur Folge hat, dass das Licht, welches aufs Model fällt, dadurch weicher wird.
Der Aufheller reflektiert das Sonnenlicht oder alternativ auch Blitzlicht (oder beim Film: künstliches Dauerlicht). Nach dem Prinzip „Lichteintrittswinkel = Lichtaustrittswinkel“ wird der Aufheller entsprechend von einem Assistenten gehalten oder auf einem Stativ in der richtigen Position befestigt.
Abbildung 8.2: Kleine Hilfe – große Wirkung! Hier hält einer der Teilnehmer meines Ibiza-Fotoworkshops 2013 den Aufheller („Sunbounce Mini“), um dem Model einen schönen Lichtakzent auf die Haut zu werfen. Ideal für die Modelfotografie (nicht aber für die Fashion- oder Produktfotografie) ist die gold-silber-„Zebra-Bespannung“. Die liefert einen angenehm warmen Hautton, ohne direkt farbstichig zu wirken.
(Foto © 2013: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 8.3: Ich bevorzuge sowohl für meine Fotoarbeiten als auch für meine Fotoworkshops (hier ein Making-of-Foto vom Andalusien-Workshop 2012) Aufheller und Abschatter von California Sunbounce, weil diese sehr funktional und von hoher Qualität sind. Hier beim Shooting in Malaga hilft ein Workshop-Teilnehmer dem anderen. Die starke Sonne hätte die Schultern des Models so stark beschienen, dass der Kontrastumfang (hier: zu helle Schultern) zu groß gewesen wäre, um von der Kamera abgebildet werden zu können. Aufheller und Abschatter dienen also in erster Linie dazu, den Kontrastumfang im Motiv zu mildern, damit die Fotos technisch einwandfrei werden.
(Foto © 2012: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Natürlich können Aufheller und Abschatter auch zusammen eingesetzt werden; das wäre sogar der Optimalfall. Der Abschatter sorgt dann für das Vermeiden von hellen ausgefressenen Stellen, wie sie bei direkter Sonneneinstrahlung häufig vorkommen. Und der Aufheller hellt die Schatten auf oder sorgt für schöne Lichtakzente.
Aufheller und Abschatter sind universell einsetzbar und gehören meiner Meinung nach zur Standardausrüstung eines jeden Modelfotografen!
8.1.2 Systemblitz
Sofern der Systemblitz nicht direkt aufs Model gerichtet wird, ist gegen seine Verwendung nichts einzuwenden. Dank der Möglichkeit, entfesselt blitzen zu können („Master-Slave-Steuerung“) gelingen daher auch mit einem Systemblitz schön beleuchtete Fotos; denn nun lässt sich dieses Licht auch seitlich (für eine plastische Wirkung) oder als Gegenlicht (für stimmungsvolle Bilder) einsetzen.
Wenn der Blitz hingegen direkt aufs Model gerichtet wird, wirkt es „flach“. Die auf den Hintergrund fallenden Schatten wirken zudem unschön und amateurhaft.
Abbildung 8.4: Dieser Teilnehmer hat bei meinem Foto-Workshop auf Ibiza seinen Systemblitz gekonnt seitlich vom Model platziert. Ausgelöst wird dieser mithilfe der Master-Slave-Funktion, wobei das eingebaute Blitzgerät der Master ist und der auf einem Mini-Stativ platzierte Hauptblitz der Slave. Auf diese Weise hat der Fotograf erreicht, dass das weiche Licht (das Model befand sich unter Bäumen) durch den Systemblitz durch etwas akzentuierteres Licht „aufgepeppt“ wird. Zusätzlich konnten die Kontraste (Schatten der Bäume zum hellen Hintergrund) gemildert werden, sodass der Himmel auf den Fotos nicht mehr ausgefressen erscheint.
(Foto © 2011: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Hinweis: Wenn möglich, sollten Systemblitzgeräte indirekt eingesetzt werden, also in der Form, dass das Licht zuerst eine (farbneutrale) Reflexionsfläche anstrahlt und von dieser dann erst aufs Model reflektiert wird. Das Licht wirkt dann weniger hart und sorgt aufgrund der breiten Streuung auch für die Beleuchtung des Hintergrundes, was insgesamt zu einer ausgewogeneren Beleuchtung führt. Geeignete Reflexionsflächen sind weiße Decken und Wände, Aufheller (zum Beispiel von Sunbounce oder Lastolite) oder auch – sofern kein anderes Hilfsmittel zur Verfügung steht – ein weißes T-Shirt. (Ausprobieren! Funktioniert hervorragend!!)
Beachtet aber, dass nach dem Prinzip „Lichteintrittswinkel = Lichtaustrittswinkel“ vorgegangen wird.
8.1.3 Lichtführung mithilfe von Blitzanlagen
Blitzanlagen unterteilt man in Studio- und Outdoor-Blitzanlagen. Neuere Entwicklungen gehen allerdings dahin, Geräte zu konstruieren, die für beide Einsatzzwecke gleichermaßen geeignet sind.
Hinweis: Einen ausführlichen Überblick über empfehlenswerte Blitzanlagen (und für welchen Einsatzzweck sie jeweils geeignet sind, gibt meine hier auf PSD-Tutorials.de veröffentlichte Tutorialserie „Professionelle Beleuchtungstechnik und Lichtführung“ - Link führt zu Teil 1). Dort wird auch genau beschrieben, welche Kameraeinstellungen bei der Arbeit mit Blitzanlagen nötig sind und welche Lichtformer welches Licht geben (mit Beispielfotos).
Der Vorteil des Einsatzes von Blitzanlagen in der Modelfotografie liegt darin, dass wir zum einen sehr flexibel die Beleuchtung im Hinblick auf Intensität und Lichtcharakteristik steuern können und zum anderen ein (hoffentlich ausreichend starkes) Einstelllicht zur Verfügung haben, welches es uns erlaubt, unsere Lichtsetzung bereits vor der Aufnahme zu beurteilen. Letzterer Punkt gilt allerdings für die Outdoorfotografie tagsüber nicht, weil das Einstelllicht einerseits zu schwach ist, um gegen das Tageslicht anzukommen, und andererseits das Dauerlicht die Akkukapazität zu schnell erschöpfen würde.
Abbildung 8.5: Im Studio oder in anderen Innenräumen bleibt das Einstelllicht während des Fotoshootings an. Nur so sieht der Fotograf die jeweilige Licht-Schatten-Wirkung (die sich ja ständig ändert, weil die Models sich bewegen und drehen) und auch der Autofokus stellt so schneller und zuverlässiger scharf.
(Foto © 2012: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 8.6: Bei diesen Aufnahmen habe ich lediglich, wie so häufig, 2 Blitzköpfe an meiner Studioblitzanlage verwendet. Einen als Hauptlicht aufs Model gerichtet (mit einem Beauty-Dish als Lichtformer) und den zweiten, um den Nebel hinter dem Model anzublitzen (mit einer kleinen Softbox als Lichtformer). Nikon D3X mit 1,4/85mm Nikkor. 1/125 Sekunde, Blende 6,3, ISO 200.
(Foto © 2012: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 8.7: Gerade in der klassischen Aktfotografie ist das genaue Setzen des Lichts entscheidend dafür, ob die Fotos gelingen. Das Einstelllicht hilft uns Fotografen dabei, die Leuchten gemäß unseren Vorstellungen einzurichten. Fotografiert man in einem abgedunkelten Raum gänzlich ohne andere Lichtquellen, so gilt bei der Arbeit mit dem Einstelllicht das Prinzip „What You See Is What You Get“.
Da das Einstelllicht so konstruiert ist, dass es in puncto Lichtverlauf in etwa dem Blitzlicht entspricht (nur nicht in der Leuchtstärke), können wir den Lichtverlauf perfekt beurteilen und alles individuell gemäß unseren Vorstellungen in der Intensität oder in der Charakteristik verändern.
Wer erst einmal mit der Arbeit mit Blitzanlagen begonnen hat, wird begeistert sein ob der vielen kreativen Möglichkeiten, die sich dadurch neu auftun! Nikon D3X mit 1,4/85mm Nikkor. 1/125 Sekunde, Blende 8, ISO 100.
(Foto © 2012: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 8.8: Damit die roten Haare des Models gut zur Geltung kommen, habe ich hier von hinten jeweils zwei schmale Softboxen eingesetzt. Die roten Haare des Models sind damit, neben dem theatralischen Outfit, hauptverantwortlich für die Bildwirkung. Wie stark das Haarlicht gesetzt werden muss, kann man gut schon vor der Aufnahme anhand des Einstelllichtes erkennen. Letztendlich hängt es aber auch vom Geschmack des jeweiligen Fotografen ab, wie stark der Effekt erkennbar sein soll. Normalerweise verwende ich dezenteres Haarlicht; doch hier habe ich mich für eine deutliche Hervorhebung der roten Haare entschieden. Nikon D4 mit 2,8/105mm Mikro Nikkor. 1/125 Sekunde, Blende 3,2, ISO 100. (Foto © 2012: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Für Outdoor geeignete Blitzanlagen beziehen ihren Strom aus den (je nach Modell fest eingebauten oder meist austauschbaren) Akkus, die je nach Konstruktion unterschiedlich schwer sind und in den Kapazitäten große Unterschiede aufweisen können.
Der Kompromiss muss vom Fotografen zwischen großer Leistung und Kapazität einerseits und andererseits möglichst geringem Gewicht (wegen der Schlepperei bei Outdoor-Einsätzen, denn nicht überall kommt man mit dem Auto hin) gefunden werden.
Abbildung 8.9: Bei meinen Outdoor- und Auslands-Workshops setze ich mittlerweile den beliebten Ranger Quadra RX Hybrid ein. Das ist eine Akkublitzanlage von Elinchrom, die sich durch extrem geringes Gewicht (nur 2kg mit Lithium-Ionen-Akku, zuzüglich 0,25kg für den Blitzkopf) auszeichnet und daher auch bei längeren Fußmärschen bequem mitgenommen werden kann.
(Foto © 2013: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 8.10: Mit seiner maximalen Blitzleistung von 400 Wattsekunden ist der Ranger Quadra RX bestens dafür geeignet, zum Beispiel das Model im Gegenlicht aufzuhellen oder um wirkungsvolle Lichtakzente zu setzen, wofür er noch über einen zweiten Blitzkopf-Anschluss „B“ mit ½ Leistung im Vergleich zum Anschluss „A“ verfügt („feste Asymmetrie“). Nikon D4 mit 2,8/14-24mm Nikkor. 1/160 Sekunde, Blende 9, ISO 100.
(Foto © 2013: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 8.11: Im praktischen Set, welches in einem stabilen Koffer untergebracht ist, befinden sich der Generator, das Ladegerät, 2 Akkus und 2 Blitzköpfe mit entsprechenden Anschlusskabeln, die praktische Funk-Fernbedienung (mit der sich auch die Leistung des Generators fernsteuern lässt) und natürlich die Bedienungsanleitungen. Allerdings sind Generator, Akku und Blitzkopf auch so handlich, dass sie bei einem Fußmarsch bequem noch Platz im Fotorucksack (neben Kamera und Objektiven) finden.
(Foto © 2013: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 8.12: Natürlich steht einem auch draußen beim Einsatz der Akkublitzanlagen das volle Zubehörprogramm an Lichtformern zur Verfügung. Allerdings sollte beachtet werden, dass großflächige Lichtformer wie beispielsweise Softboxen oder Oktaschirme sehr windanfällig sind und die Gefahr besteht, dass der Wind den Blitzkopf samt Lichtformer und Stativ umbläst (und dadurch gegebenenfalls beschädigt). Insofern ist in manchen Fällen bei starkem Wind ein Assistent, der das Stativ festhält, kein Luxus, sondern Notwendigkeit.
(Foto © 2012: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)
Abbildung 8.13: Wichtig ist aber nicht die Technik, sondern, wie man sie einsetzt. Kameras, Objektive und Beleuchtungstechnik sind „nur“ das Werkzeug. Kein Selbstzweck. Und die teuersten Geräte helfen nichts, wenn man sie nicht richtig bedienen und kreativ einsetzen kann. Bei diesem Foto spielt neben dem Licht auch die Location (und natürlich auch das tolle Model) eine nicht unwesentliche Rolle. Nikon D3X mit 2,8/24-70mm Nikkor bei verwendeter Brennweite 24mm. 1/40 Sekunde, Blende 22, ISO 100.
(Foto © 2009: Jens Brüggemann – www.jensbrueggemann.de)