Einleitung:
Seit fünf Jahren fotografiere ich jetzt regelmäßig Hochzeiten. Im ersten Jahr meiner Selbständigkeit waren es gerade einmal 15. Dieses Jahr werden es sicherlich weit über 40 sein. Zum Thema Inspiration und Stilfindung habe ich mich einfach einmal durch meine ersten begleiteten Hochzeiten geklickt und ein wenig gestöbert, was sich seit dem ersten Jahr bis heute geändert hat. Im ersten Moment bin ich wirklich erschrocken, denn ich kann diese Bilder nicht mehr mit den heutigen vergleichen.
Nur fünf Jahre und dennoch hat sich inzwischen so viel geändert. Erst einmal habe ich jetzt eine ganz andere Technik, hochwertigere Kameras und Objektive. Aber der Aufnahmestil hat sich ebenfalls komplett geändert, da ich heute ganz anders fotografiere als noch zu Anfang. Auch die Bearbeitung war anders und natürlich die Posings. Alles war viel klassischer und gestellter, als es heute bei meinen Reportagen ist. Dann gibt es bestimmte Motive, die habe ich bereits bei meiner ersten Hochzeit aufgenommen und dann gibt es welche, die ich heute so nicht mehr umsetzen würde bzw. irgendwann auf dem Weg "verloren" habe.
Wie ich bereits mehrfach gesagt habe, müsst ihr euren eigenen Stil, eure eigene Arbeitsweise und vor allem euren eigenen Weg finden. Das gilt nicht nur für die Aufnahme, sondern auch für das Handling und den Umgang mit Kunden und Hochzeitsgästen. Mit Erfahrung kommt das von ganz alleine und so sehe ich es ja auch - denn jedes Jahr verändern sich meine Bilder wieder. So fest ist der Stil nie, dass man immer nur das Gleiche fotografiert. Und so darf es auch nie werden.
Immer wieder motiviert, bei jeder Hochzeit doch neue Ideen umzusetzen und wieder ganz neue Wege zu gehen. Natürlich darf alles, was sich bisher bewährt hat, auch weiterhin aufgenommen sein, aber niemals 0815 dieselben Dinge abspulen, nur weil sie funktionieren und man sich nicht traut, etwas Neues zu probieren.
Dieses Tutorial ist ein wenig kürzer gefasst, hier findet ihr die Oberpunkte des Tutorials:
- Eigene Inspirationen
- Neues ausprobieren
- Stilfindung
- Locations und Hintergründe
1. Eigene Inspiration
Hier kann ich euch nur etwas über meinen eigenen Werdegang erzählen, und dass ihr immer einen inneren Antrieb verspüren solltet, euch und eure Technik zu verbessern, habe ich bereits ausgeführt. Aber was genau heißt Inspiration? Wenn ihr jetzt im Internet auf die Suche nach Hochzeitswebseiten geht oder bei Pinterest einmal stöbert, dann werdet ihr schnell sehen, wie unterschiedlich Bildqualitäten und Fotostile sind. Einige Fotografen haben einen Stil entwickelt, der das Bild so besonders werden lässt, dass man es unter 100 anderen Aufnahmen erkennen würde. Bei anderen werdet ihr vielleicht denken: Das hätte ich besser gemacht, oder euch fällt sofort etwas Störendes ins Auge. Das hängt mit eurem eigenen Qualitätsanspruch zusammen und ist einfach geschmacksabhängig.
Ob nun für eine Hochzeit oder einen anderen Anlass: Der Kunde schaut mit Sicherheit auch auf den Preis und das Konzept, aber er wird - hoffentlich - in erster Linie nach den Bildern des Fotografen auswählen, ob er ihn beauftragen möchte oder nicht. Gefallen ihm die Aufnahmen nicht - was wie gesagt auch persönlicher Geschmack sein kann - so wird er ihn nicht buchen, mag er noch so preiswert sein. Dann kann es natürlich vorkommen, dass es Fotografen gebt, die fantastische Bilder machen, der Kunde aber kein Vermögen dafür bezahlen möchte. Hier kommt es darauf an, wie viel Gewicht er auf gute Bildqualität legt. Vielleicht möchte der Kunde nur 1-2 schöne Bilder zur Erinnerung und die Fotos sind einfach nicht so wertvoll für ihn.
Außerdem sind die meisten Kunden natürlich "Laien" - d.h., sie fotografieren oder kennen hauptsächlich Aufnahmen, die mit kleinen Digitalkameras oder Handys aufgenommen werden. Die Schwächen sind klar. Meist sind sie unscharf, der Bildausschnitt stimmt nicht, zu hell, zu dunkel etc. Zwar werden die Kameras heutzutage immer besser, aber ich denke, sie sind klar zu unterscheiden von den Bildern eines Profi-Fotografen.
D.h., viele Kunden werden vielleicht auch in euren Augen "nicht so schöne" Aufnahmen ganz hervorragend finden, und da sind wir beim eigenen Qualitätsanspruch. Sicherlich haben alle eure Paare einen ganz anderen Qualitätsanspruch. Das ist bei mir genauso. Es gibt Kunden, die finden einfach jedes Bild ganz toll und dann habe ich ambitionierte Hobbyfotografen, die sich ein Bild ganz anders ansehen und die schon wesentlich kritischer sind. Es wird euch genauso gehen, wenn ihr die Tutorials hier durchlest und es wird Bilder geben, die ihr gar nicht mögt oder bei denen euch Dinge stören.
Ein Bild aus meinen ersten Hochzeitsreportagen. Ihr seht, wie der Hintergrund wirkt und die gesamte Bildstimmung.
Heute versuche ich, für bewegte Motive etwas mehr Spannung durch Hintergründe und Licht ins Bild zu bekommen. Außerdem habe ich nicht aus der Hocke, sondern auf dem Bauch liegend fotografiert.
Zum Thema Qualitätsanspruch möchte ich zwei Beispiele geben:
- Vor einigen Monaten habe ich einen Workshop für eine gute Kundin gegeben. Sie hatte die typischen Probleme mit ihrer ersten Spiegelreflexkamera und dem Automatik-Modus. Als wir zusammen ihre ersten Bilder sichteten, sah ich sofort, was bei jedem einzelnen Bild schiefgegangen war, aber auch, dass sie ein sehr gutes Auge hatte und ihre Motive toll und sehr individuell gewählt waren. Sie waren nur technisch nicht gut umgesetzt. Im Workshop erklärte ich ihr das Zusammenspiel von ISO, Blende, Belichtungszeit und warum ihre Kamera mit der einen oder anderen Situation einfach Schwierigkeiten hatte.
Seit diesem Workshop fotografiert sie komplett manuell und verbessert sich ständig! In diesem Workshop habe ich ihr versprochen, dass sich ihr eigener Qualitätsanspruch bald ändern wird. Bilder, die sie heute noch ganz toll findet, werden ihr vielleicht in 1-2 Jahren gar nicht mehr so unerreichbar erscheinen. Da sie sich und ihre Fotos selbst verbessert und jetzt weiß, wie sie sich dahinarbeiten kann. Da meine Schülerin sehr fleißig war, dauerte es keine 3 Monate und sie bestätigte mir genau diese Aussage. "Nicole, du hattest recht. Heute finde ich die Bilder einiger Tierfotografen gar nicht mehr so toll wie früher und mir fällt sogar auf, dass sie auch nicht immer alles richtig machen!" Ihr Blick für Schärfe, Farben und natürlich auch Bildkomposition hatten sich bereits geändert. - Ihr werdet sicherlich genau wie ich einige Lieblingsfotografen haben, die ihr vielleicht regelmäßig im Internet besucht und schaut, was sie so "treiben" - ihr bestaunt die Fotos und seid vielleicht sogar ein bisschen neidisch auf die Ergebnisse. Bei allen Workshops, die ich besuche, geht es ganz ähnlich zu: "Kennst du den und den Fotografen? Der macht so tolle Bilder!" Es ist für euch eine Orientierung und natürlich Motivation. Ihr wollt das nicht kopieren, aber eines Tages vielleicht auch so tolle Werke präsentieren können. Das ist natürlich nicht nur die Aufnahme an sich, sondern auch ein guter Teil anschließende Bildbearbeitung! Auch die kann euren Bildern nachher einen eigenen Stil verleihen. Woran ich gemerkt habe, dass ich mich verändert habe und auch mein eigener Qualitätsanspruch gewachsen ist? Irgendwann besucht ihr wieder euren Lieblingsfotografen im Internet und erkennt … Ich bin auf dem richtigen Weg. Heute finde ich die Bilder nicht mehr atemberaubend, sondern es gibt sogar Motive, die ihr nach eurer Meinung besser hättet umsetzen können. Ihr findet Fehler oder seid einfach nicht mehr so fasziniert von den Werken.
Was mir des Weiteren aufgefallen ist: Ich kenne Fotografen, die ganz tolle Bilder z.B. auf ihren Facebook-Seiten oder in ihrem Blog einstellen - knackescharf und tolle Motive! Ich hatte jetzt mehrfach das Glück, genau diese Bilder mal in 100-%-Auflösung auf dem Monitor untersuchen zu können. Es ist ernüchternd, denn fehlende Schärfe, starkes Rauschen und schlechte Bildbearbeitung sieht man bei stark verkleinerten Bildern oft gar nicht. Das ist natürlich auch in Fachbüchern so.
Inzwischen staune ich nicht mehr über 600-px-Bilder. Nur wenn das Bild auch in Großansicht überzeugt, hat es keine Schwachpunkte.
Mit 800 px sieht das Bild auf den ersten Blick in Ordnung aus. Da es eine Tageslichtaufnahme mit 2.000 ISO ist, sieht man aber in der Großansicht die Schwachstellen des Rauschens. Viele Fotografen setzen "rauschige" Bilder in Schwarz-Weiß, da es hier in normaler Ansicht noch weniger auffällt.
Inspiration heißt für mich, dass man niemals aufhört, hohe Ansprüche an sich selbst zu stellen. Dabei darf man sich aber nicht immer niedermachen. Viele Menschen neigen dazu, sich immer nur zu verstecken oder niemals ein Lob wirklich ernstzunehmen. Das ist Blödsinn!
Denn wenn ihr eine Hochzeit begleitet habt, gerade als Hobbyfotograf, dann sollte es euch berechtigterweise sehr stolz machen, wenn ihr ein Brautpaar damit glücklich macht, und ihr solltet dieses Lob auch annehmen! Es darf euch stolz machen. Dass ihr vielleicht in fünf Jahren auf diese Arbeiten zurückseht und euch fragt, was ihr da noch alles nicht gewusst habt, ist völlig egal!
Inspiration heißt für mich, dass man sich Anreize in Form von Workshops, Fachliteratur, Büchern oder auch Foto-Webseiten suchen sollte, aber niemals versucht, einen Stil zu kopieren! Lasst euch inspirieren von diesen Aufnahmen und vor allem motivieren, immer besser zu werden, aber schaut auch rechtzeitig wieder auf eure Aufnahmen und verliert nicht den Blick für eure eigene Qualität.
Es wird Momente geben, da habt ihr eurer Meinung nach zwei Schritte nach vorne gemacht, seid darüber total glücklich und euphorisch. Vielleicht habt ihr einen Workshop besucht und euch deutlich verbessert. Dann besucht ihr die Webseite eines anderen Fotografen, der vielleicht ganz anders arbeitet und seine Bilder einer zweistündigen PS-Retusche unterzieht. Verglichen mit euren Bildern, bringt euch das dann ggf. wieder auf dem Boden der Tatsachen zurück.
Mir ist das unzählige Male so ergangen, aber ich habe auch gelernt, dass, wenn ihr hinter die Bildbearbeitung schaut und dann wisst, warum die Bilder so aussehen, diese Fotografen auch keine andere Sprache sprechen als ihr. Genauso findet ihr vielleicht ein Bild total schön und es macht euch stolz, dann kommt jemand, der es negativ kommentiert und schon ist das Bild für euch ruiniert. Die Kunst ist es aber, wirklich ehrlich mit sich und anderen Fotografen umzugehen.
D.h., auch berechtigte Kritik und Hilfestellung annehmen, aber auch einmal nüchtern aufs eigene Foto blicken und ggf. sogar selbst mal ein Lob an sich aussprechen. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, und wenn ihr ehrlich bemüht seid, dann werdet ihr mit ein bisschen Übung und Erfahrung immer besser werden. Also, Kopf hoch!
2. Neues ausprobieren
Wir alle werden das Rad nicht neu erfinden in der Fotografie. D.h., es findet sich kaum ein Motiv, das so nicht irgendwo schon einmal umgesetzt wurde. Heutzutage gibt es zu viele gute Fotografien im Internet zu finden und begierige Nachahmer toller Motive. Auch ich habe das ein oder andere Mal etwas gesehen, das ich danach ausprobiert habe. Nicht 1:1, aber vom Aufbau der Bildkomposition her sehr ähnlich. Klar! Dabei gibt es die Klassiker, wie die Hände auf dem Strauß! Das werden sicherlich alle Fotografen schon einmal umgesetzt haben, einfach, weil die Paare dieses Motiv kennen und manchmal wünschen!
Hier werdet ihr euch sicherlich nicht ganz neu erfinden und ich fürchte, wir werden keine besonderen Motive mehr aufnehmen, die danach um die Welt gehen und von anderen Fotografen kopiert werden. Auch finde ich es schade, wenn man nur nach bestimmten Motiven geht, die man "nachstellt" - eigene Ideen sollte jeder Fotograf mitbringen und einfach mal ausprobieren. Auch haben die Brautpaare oder Gäste manchmal Ideen, die sie mir nahebringen und die ich gerne umsetze. Was mir davon gut gefällt, nehme ich gerne in meinen Bestand auf. Allerdings gibt es auch Grenzen, denn ich verwende ungern immer wieder gleiche Motive, das ist mir viel zu langweilig.
Manche Bilder entstehen spontan, so wie dieses hier. Das Brautpaar geht zur gewünschten Location und auf dem Weg dorthin entsteht dieser Schnappschuss!
Ob der Bräutigam dieses Idee hatte oder es meine Aufforderung war, kann ich nicht mehr sagen. Aber er schaut nach dem Rechten!
Ich habe euch hier einige Beispiele mitgebracht, was ich damit meine. Es sind klassische Aufnahmen, die fast bei jeder Reportage gemacht werden und dann das ein oder andere ausgefallenere Bild. Etwas, das ähnlich sicherlich im Internet kursiert, mir aber dabei nicht im Sinn lag. Es sind Motive, die ich selbst bei der Reportage entwickelt, aber sicherlich nicht neu erfunden habe.
Der Kuss unter dem Brautschleier, sehr beliebt und oft gewünscht!
Der hochgehaltene Schleier wirkt etwas steif, schöner ist es, wenn er danach einfach "runterfällt" - dennoch klassisch.
Und zum Glück kann man ja auch so den Schleier nutzen!
Der Strauß vor dem Kopf! Das ist ein sehr bekanntes Motiv, das ich oft im Internet entdecke.
Dieses Bild war die Idee eines Hochzeitsgastes. Ich habe es in meine Reportagen aufgenommen, da es jedes Mal anders wirkt durch die verschiedenen "Schauspieler"!
Zugegeben, sehr steif, aber auch oft gewünscht. Probiert einfach mal, es ein bisschen peppiger in Szene zu setzen.
3. Stilfindung
Wie findet ihr euren eigenen Stil? Bewusst sicherlich nicht. Ich denke, das ist eine lange Reise, die stark von eurem eigenen Geschmack abhängt. In meinen ersten zwei Jahren als selbstständige Fotografin habe ich viel Hilfestellung von einem erfahrenen Fotografen in Anspruch genommen. Er hat mich geprägt und mir sehr viel beigebracht. Dabei hat er wirklich - was nicht oft der Fall ist - sein komplettes Wissen übergeben und mir ganz ehrlich weitergeholfen. Immer wieder hat er gesagt: Nicole, du hast deinen eigenen Stil noch nicht gefunden.
Weil ich immer wieder was Neues ausprobiert habe und kein Bild aussah wie das andere. Andere Bildbearbeitung, andere Aufnahmen, irgendwie war alles noch nicht richtig rund. Zu dieser Zeit war ich sehr unzufrieden. Immer wieder besuchte ich Workshops und erhielt irgendwann die einheitliche Antwort: Ab jetzt ist der Rest nur noch Bildbearbeitung. Ganz richtig war diese Aussage nicht. Ich mag keine stark bearbeiteten Fotos, daher war das nie mein Ziel, jedes Bild wirklich stark zu bearbeiten und nur zufrieden zu sein, wenn das Bild 30 Minuten Photoshop durchlaufen hat. Es ging auch so noch bergauf und es wird weiterhin immer besser werden, auch ohne Bearbeitung!
Natürlich darf man ein gutes Bild noch verbessern mit ein wenig Photoshop-Arbeit, aber wenn das Bild nicht schon gut aufgenommen ist, wird es auch nach der BA nichts taugen. Vor zwei Jahren besuchte mich der Fotograf in meinen Studioräumen und ging auf ein Porträt zu. "Schöne Bearbeitung", sagte er, und ich lachte und triumphierte innerlich, denn es war absolut roh! Auch heute kenne ich viele Fotografen, die keine unbearbeiteten Fotografien ins Internet stellen. Ich bilde da vielleicht eine seltene Ausnahme, aber meine Kunden erhalten ja auch zum Großteil unbearbeitete Fotos. Daher sind viele Bilder auf meiner HP und auch hier in den Tutorials unbearbeitet oder nur mit Filtern belegt. Wenige haben eine dezente Beauty-Retusche durchlaufen, die max. 5 Minuten gedauert hat. Wenn überhaupt!
Das heißt nicht, dass ich nicht auch starke Bildbearbeitungen mache, aber meistens ist mir das Ergebnis zu unnatürlich und ich falle schnell wieder in meine dezente Arbeitsweise zurück. Generell finde ich, dass jeder Fotograf zumindest die Abläufe einer guten Bildbearbeitung kennen sollte, ob er sie nutzt oder nicht. Ob und wie stark ihr sie anwendet, könnt ihr dann selbst wählen. Dazu später im Bildbearbeitungs-Tutorial.
Eine wunderschöne Braut im Porträt. Das Bild ist minimal bearbeitet, sie ist natürlich schön!
Wenn es etwas mehr sein darf … Die Bildbearbeitung kann bis auf die Spitze und darüber hinaus getrieben werden. Für mich schon fast zu viel des Guten, zeigt aber, was unter Umständen möglich ist.
Auch mir ist es passiert, dass ich irgendwann dachte, meine Stilfindung wäre vorüber und ich könnte mich ausruhen. Die Fotos waren "okay" und ich spulte immer das gleiche Schema ab. Das war nicht einmal Faulheit oder fehlender Ehrgeiz, irgendwie kam es alles einfach zum Erliegen … Die Inspiration und die Stilfindung waren vorbei. Mein jetziger Lebensgefährte kam da ins Spiel und begann wirklich jedes Bild zu kritisieren. Warum auch immer, sein Qualitätsanspruch und sein Auge für Bilder ist einfach stark ausgeprägt, gerade für Details, Schärfe, Bildstimmung.
Es gab kaum ein Bild, das ihm wirklich gefiel, er äußerte dazu seine Meinung und natürlich hat mich das zum Umdenken gebracht. Das mag jetzt negativ klingen, doch dieser Umstand hat mich unglaublich gefordert. Ich habe ganz neu begonnen, die Fotografie für mich zu entdecken, war unglaublich bestrebt, alles besser zu machen und bin seitdem - bis heute - ganz neue Wege gegangen. Jetzt bin ich nur noch neugierig darauf, wie sich meine Bilder in den nächsten fünf Jahren entwickeln werden. Denn ich weiß, dass ich noch lange nicht am Ende meiner Reise bin!
Wem die Fotografie Spaß macht und täglich Freude bereitet, der wird genau diese Wege auch beschreiten. Vielleicht mit mehr oder weniger Selbstbewusstsein, aber mit dem gleichen Streben nach schönen Fotografien, die Erinnerung und Freude schenken sollen. Abschließend kann ich also sagen: Ihr findet euren Stil. Vielleicht werdet ihr direkt einen eigenen Geschmack haben und eure Bilder nur noch ein wenig in diese Richtung weiterentwickeln, vielleicht werdet ihr auch wie ich immer verschiedene Richtungen einschlagen, bis ihr irgendwann zufrieden seid.
Und vielleicht braucht ihr gar kein Schema, sondern erfindet euch auf jeder Reise neu. Das ist auch in Ordnung, wenn ihr damit glücklich seid. Mir ist es nicht wichtig, dass man in 10 Jahren meine Bilder unter 100 oder 1.000 Aufnahmen erkennt. Ich möchte vielmehr jedes Jahr auf meine "älteren" Bilder zurückschauen und sehen, dass ich mich verbessert habe!
Nur Himmel im Hintergrund!
4. Locations und Hintergründe
Auch dieser Punkt gehört aus meiner Sicht in dieses Tutorial, denn die Wahl von Locations und Hintergründen ist natürlich ein maßgeblicher Teil für eure Bilder und hängt auch mit eurem Bildstil zusammen! Ich finde, zu eurem Stil und eurer Arbeitsweise gehört ganz klar die Fähigkeit, gute Kulissen, Hintergründe und Motive zu erkennen. D.h., auch zu wissen, wie diese später in eurem Bild wirken oder auch aussehen.
Wie im vorherigen Tutorial erklärt, werdet ihr nicht immer Einfluss darauf haben, welches Wetter und Licht euch zur Verfügung stehen oder welche Location für eure Paarreportage Kulisse steht. Ein bisschen Glück gehört dazu! Falls ihr Einfluss darauf habt, dann möchte ich euch ein paar Aufnahmewinkel und Kulissen zeigen, die ich gerne wähle und die ich auch schon bei meiner Fotosuche auswähle. Das heißt nicht, dass ihr nicht eigene Wege beschreiten sollt!
Diesen Teil möchte ich in einer Bildserie dokumentieren und entsprechend kommentieren, da dies am besten verdeutlicht, wie ich Motive auswähle und wie ich sie umsetze.
Es gibt viele verschiedene Motive auch an gleichem Ort, die sich schnell umsetzen lassen!
Hier finde ich den Kontrast zur "weichen" Braut mit dem alten Gemäuer sehr schön.
Es ist eine tolle Kulisse für ein Fotoshooting, nicht nur für ein Brautpaar. Wie ihr seht mag ich es, wenn das Modell nicht ständig in die Kamera blickt.
Ein Hintergrund wie diese alte Holztür bietet Spielraum für ein solches Motiv, besonders interessant durch den Schärfeverlauf.
Nutzt eine besondere Location, um sie für eure Fotos zu nutzen, und merkt euch: Ein Brautpaar darf fast alles. Wir haben beispielsweise bei einer Hochzeit ein Football-Spiel "unterbrochen" und haben mit der kompletten Mannschaft und der Braut ein Bild aufgenommen. Einfach mutig sein. Ihr fragt für das Paar, nicht für euch! Ich habe noch nie ein Nein gehört. Auch hier haben sich die Golfer über eine Pause gefreut und uns sogar den Schläger ausgeliehen.
Mit Unschärfe lässt sich natürlich gut spielen, wie hier im Bild rechts.
Aus einem Hochformat ein Querformat zu machen, ist auch eine Möglichkeit.
Sehr gerne fotografiere ich, wenn möglich, von oben! Auch für Gruppenbilder super geeignet, um auch große Personenzahlen gut ins Bild zu bringen und damit jeder gut erkennbar ist!
Gerne nutze ich auch ein bisschen Aufregung im Vordergrund. Geschmackssache, wie viel es sein darf. Nutzt auch Gegenlicht, um die Bilder nicht immer gleich in Szene zu setzen. Auch Wasserspiegelungen vom Brautpaar sehen toll aus. Übrigens: Dieses Bild hier gibt es auch in umgekehrter Variante. Der Vordergrund ist scharf, das Brautpaar unscharf. Einfach ein bisschen spielen.
Herzlichen Dank für das Lesen dieses Tutorials, ich hoffe, es hat euch ein wenig inspiriert und ihr habt euch in einigen Aussagen wiedererkannt. Im nächsten Tutorial geht es um einen weiteren schönen Punkt eurer Hochzeitsreportage: Detailaufnahmen!
Nicole Schick
Fotostudio mit Herz